Betreff
Landesrechtliche Nachfolgeregelung zu § 45a PBefG zum 01.01.2017(Kommunalisierung des ÖPNV), Erlass einer Richtlinie für eine allgemeine Vorschrift für das Jahr 2018
Vorlage
0322/2017
Art
Beschlussvorlage

Begründung:

Historie:

Der Landkreis Friesland ist auf seinem Gebiet die für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zuständige Behörde und Aufgabenträger gemäß der europäischen VO (EG) Nr. 1370/2007 und dem Niedersächsischen Nahverkehrsgesetz (NNVG).

 

Bislang hat er den ÖPNV auf seinem Gebiet (Linienverkehr) im Wesentlichen nur über Schülersammelzeitkarten (SSZK) finanziert. Der Niedersächsische Landesgesetzgeber hat im Rahmen der Novellierung des NNVG seit dem 01.01.2017 über die Vorschrift des § 64a Personenbeförderungsgesetz (PBefG) den kommunalen Aufgabenträgern des ÖPNV für ihre Aufgabenerfüllung etwa 110 Mio. € p.a. zugewiesen. In diesem Betrag sind die bis dato an die Verkehrsunternehmen direkt geleisteten Zahlungen für rabattierte Ausbildungsverkehre gemäß der Bundesregelung des § 45a PBefG in Höhe von 90 Mio. € p.a. enthalten (bislang über Übergangsverträge der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen [LNVG] geregelt). Die Aufgabenträger erhalten aus dieser Summe anteilig den Betrag, der bis 2016 an § 45a–Mittel an Verkehrsunternehmen auf ihrem Gebiet ausgereicht wurde.

 

Der Landkreis Friesland erhält demnach gemäß der vom niedersächsischen Landtag beschlossenen Novellierung seit diesem Jahr gemäß § 7a NNVG für die ehemaligen § 45a-Mittel auf seinem Territorium einen Betrag in Höhe von 1.415.839 € pro Jahr. Zusätzlich erhält er gemäß § 7b NNVG für die „Weiterentwicklung des ÖPNV“ über einen Schlüssel 378.711 € p.a.

 

Der Landkreis hat somit den Gesamtbetrag in Höhe von 1.794.550 € p.a. für die Instrumente der VO 130/2007 vergabe- und beihilfenrechtskonform einzusetzen, soweit damit öffentliche Personenverkehrsdienste finanziert werden. Es steht grundsätzlich in seinem politischen Ermessen, wie er diese Landesmittel für den ÖPNV auf Kreisgebiet verwendet. Hierzu hat der Landkreis Friesland zum 01.01.2017 eine sog. allgemeine Vorschrift zum Defizitausgleich bei vorgegebenen gemeinwirtschaftlichen Tarifverpflichtungen (ermäßigte Tarife aus Gründen der Daseinsvorsorge)  erlassen. Das Land Niedersachsen wird die ordnungsgemäße und rechtskonforme Verwendung dieser Mittel im Rahmen des Zuwendungs- und Verwendungsnachweises überprüfen.

 

Die § 7a NNVG-Mittel sind landesgesetzlich an eine Rabattierung der Zeitfahrausweise im Ausbildungsverkehr im Vergleich zum Nichtausbildungsverkehr (sog. Jedermann-Verkehr) in Höhe von mindestens 25 % gebunden. Der Landkreis muss also bei der Finanzierung des ÖPNV durch allgemeine Vorschriften und/oder öffentliche Dienstleistungsverträge diese Rabattierung für Ausbildungsverkehre sicherstellen.

 

Die an den Landkreis in einem Kalenderjahr zugewendeten Mittel können noch zwei Jahre später für den ÖPNV eingesetzt werden (Möglichkeit einer Übertragung von nicht verbrauchten Mitteln z.B. aus 2017 auf 2019).

 

Bis zum 21.12.2019 hat der Landkreis dann als Aufgabenträger für den ÖPNV einen Qualitätsbericht sowie eine Aktualisierung seines Nahverkehrsplans (Ausschreibung wird aktuell durchgeführt) dem Land vorzulegen, um die Wirkungen der Finanzzuweisung von Seiten des Landes transparent überprüfen zu können. Hintergrund ist die gesetzlich angeordnete Evaluierung der Finanzzuweisungen bis zum 31.12.2021, um bei Bedarf die ÖPNV-Mittel künftig sachgerechter auf die Niedersächsischen Aufgabenträger verteilen zu können. Dies bedeutet, dass der Landkreis Friesland die ihm zugewiesenen ÖPNV-Landesmitteln zur Verbesserung des ÖPNV einsetzen muss, um nicht u.U. ab 2022 Landesmittel für den ÖPNV an andere Aufgabenträger in Niedersachsen zu verlieren, die einen qualitativ und quantitativ besseren ÖPNV für ihre Bürger gewährleisten.

 

Weiterentwicklung der Richtlinie:

Wie bereits in der Vorlage für die Richtlinie 2017 festgehalten, wird weiterhin zur höheren rechtlichen Verlässlichkeit aller Beteiligten die Überführung der Richtlinie in eine Satzung angestrebt. Da für diese allerdings eine höhere Rechtssicherheit erforderlich ist, werden zunächst die Erfahrungen der ersten ex-Post-Abrechnung (Anfang 2018) benötigt, um verlässliche ökonomische und verkehrliche Rahmendaten zugrunde legen zu können. Die Richtlinie bietet aber ein Mindestmaß an Sicherheit und ermöglicht zugleich eine flexible Anpassung.

 

Aufgrund der Novellierung des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes (NNVG) zum 01.01.2017 erfolgte eine Mittelzuweisung gemäß § 7a NNVG an die Aufgabenträger für den straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Diese Mittel wurden in Form einer Allgemeinen Vorschrift an die im Landkreis Friesland tätigen ÖPNV-Verkehrsunter-nehmen weitergeleitet. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 NNVG ist der Landkreis Friesland als Aufgabenträger für den ÖPNV in seinem jeweiligen Gebiet zuständig.

 

Zwischen den Landkreisen Friesland, Aurich und Wittmund sind kreisübergreifende Linienverkehre eingerichtet, welche somit in die Zuständigkeit von mehreren Aufgabenträgern fallen. Um hier zu einer klaren Abgrenzung zu erlangen, wurde in bilateralen Gesprächen festgelegt, welcher Aufgabenträger ab 2018 funktional für bestimmte ein- bzw. ausbrechende Linien zuständig sein sollte. Es werden in Kürze entsprechende Vereinbarungen geschlossen, welche dazu dienen, die den Landkreisen Friesland, Aurich und Wittmund zugewiesenen Mittel für diese Verkehre anteilig zu übertragen bzw. entgegenzunehmen. Hierbei wird als Grundlage das Verhältnis der Fahrplankilometer einer Linie zu dem jeweiligen Zuständigkeitsgebiet gesehen.

 

Der Landkreis Friesland erhält gem. § 7a NNVG Mittel in Höhe von 1.415.839 €. Von diesen Mitteln werden an den Landkreis Aurich 4.802 € und an den Landkreis Wittmund 4.834 € für folgende Linien übertragen:

 

Linie 420                     Jever – Wittmund – Aurich                                       (an Aurich)

Linie 480                     Jever – Wittmund – Emden                                      (an Aurich)

Linie 313                     Jever – Wittmund – Esens                                        (an Wittmund)

 

Mit gleichlautenden öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen wird auch der Landkreis Friesland für ein- bzw. ausbrechende Linien von den Landkreisen Aurich und Wittmund, die dem Landkreis Friesland zugeteilt werden, anteilige Mittel gem. § 7a NNVG erhalten. Vom Landkreis Aurich betragen die Mittel 5.960 € und vom Landkreis Wittmund 67.877 € für folgende Linien:

 

Linie 111         Wilhelmshaven – Wiesmoor                                    (von Aurich und Wittmund)

Linie 211         Jever - Tettens - Carolinensiel – Harlesiel                            (von Wittmund)

Linie 218         Jever - Schortens - Reepsholt – Friedeburg                        (von Wittmund)

Linie 256         Petersgroden - Bockhorn – Horsten - Zetel – Jaderberg     (von Wittmund)

Linie 264         Zetel - Bohlenbergerfeld – Friedeburg                                  (von Wittmund)

Linie 265         Varel - Bockhorn - Zetel - Schortens – Jever                                  (von Wittmund)

 

Von der Stadt Wilhelmshaven erhält der Landkreis Friesland bereits seit 01.01.2017 Mittel in Höhe von 181.452 €  über eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung.

 

Durch Saldierung der zu übertragenden und entgegenzunehmenden Mittel stehen dem Landkreis Friesland für 2018 Finanzierungsmittel gem. § 7a NNVG in Höhe von 2.007.452,79 € für die Rabattierung der Zeitfahrausweise im Ausbildungsverkehr (landesgesetzliche Bindung) im Vergleich zum Nichtausbildungsverkehr (sog. Jedermann-Verkehr) in Höhe von mindestens 25 % zur Verfügung.

 

Um Ansprüche aus der allgemeinen Vorschrift geltend zu machen, werden weiterhin auf Antrag der Verkehrsunternehmen die Fahrgelderlöse aus dem gemeinwirtschaftlichen Höchsttarif (Anlage 2) dem Referenztarif (Anlage 3) gegenüber gestellt. Eine entsprechende Beantragung erfolgt durch vorgegebene Antragsformulare (Anlage 4). Die Vorgaben der Anlagen 5 und 6 dienen zur Durchführung einer beihilfenrechtlichen Überkompensationskontrolle. 

 

Im Rahmen der Modifizierung der für dieses Jahr beschlossenen allgemeinen Vorschrift war der Referenztarif durch die Hochschule Emden-Leer neu zu berechnen, um die im Jahr 2017 aufgetretenen ökonomischen Unsicherheiten zu beseitigen. Die Fa. WVI Verkehrsforschung und Infrastrukturplanung GmbH hat die Preiselastizität bestätigt. Die Bestätigung der Marktfähigkeit durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PKF GmbH hat ebenfalls stattgefunden.

 

Außerdem erhält die Neufassung der allgemeinen Vorschrift nunmehr eine europarechtlich vorgegebene komplexe Abrechnungssystematik, die sicherstellen soll, dass die Verkehrsunternehmen nur leistungsgerechte Ergänzungsfinanzierungen vom Landkreis Friesland erhalten (beihilfenrechtliche Überkompensationskontrolle). Die entsprechenden Anlagen 5 und 6 der allgemeinen Vorschrift wurden mit der Firma Conmobility Managementberater GmbH & Co. KG erarbeitet. Die Vorgabe der Parameter in der Kostenrechnung soll eine größere Transparenz von Kosten und Erlösen im (ÖPNV) des Landkreises ermöglichen, worauf die künftige Planung der ÖPNV-Organisation aufbauen kann.

 

Die Modifizierung der Richtlinie hat in enger Abstimmung mit den übrigen VEJ-Gesellschaftern (Aurich, Wittmund, Leer, Emden, Emsland und Wilhelmshaven) stattgefunden, welche größtenteils eine gleichlautende Richtlinie verabschieden bzw. verabschiedet haben. Die Richtlinie dient, wie auch in diesem Jahr, lediglich als Abrechnungsinstrument und steht der anstehenden Nahverkehrsplanung nicht entgegen.

 


Beschlussvorschlag:

Dem Erlass der modifizierten Richtlinie für eine allgemeine Vorschrift für das Jahr 2018 wird zugestimmt.

 


Finanzielle Auswirkungen:       Ja       Nein

Gesamtkosten der Maßnahmen (ohne Folgekosten)

Direkte jährliche

Folgekosten

 Finanzierung:

  Eigenanteil                objektbezogene Einnahmen

Sonstige einmalige oder jährliche laufende Haushaltsauswirkungen

€ XXXXx

2.007.452,79 €

(max.)

€ XXXX

€ XXXX

€ XXXX

Erfolgte Veranschlagung:      Ja, mit 1.976.000,00            Nein

im   Ergebnishaushalt    Finanzhaushalt    Produkt- bzw. Investitionsobjekt: P1.05.51.511310.200

Vorlage betrifft die demografische Entwicklung:            ja             nein

Falls ja, in welcher Art: XXXX

Vorlage bezieht sich auf

XXXX

MEZ     Nr. 3

Titel: Standortqualitäten ausbauen und sichern

HSP     Nr  3.7

Titel: Sicherstellung und Weiterentwicklung eines bedarfsgerecht und wirtschaftlich getragenen ÖPNV

 

 

 

 

Sachbearbeiter/in                Fachbereichsleiter/in

Sichtvermerke:

 

 

 

  Abteilungsleiter/in               Kämmerei                              Landrat

Abstimmungsergebnis:

Fachausschuss

einstimmig 

Ja:

Nein:

Enth.:

Kts. gen.:  

abw.  Beschl.   

Kreisausschuss

einstimmig 

Ja:

Nein:

Enth.:

Kts. gen.:  

abw.  Beschl.   

Kreistag

einstimmig 

Ja:

Nein:

Enth.:

Kts. gen.:  

abw.  Beschl.   

 


Anlage(n):

 

Richtlinie über die Finanzierung von gemeinwirtschaftlichen Tarifpflichten im ÖPNV

 

Anlage 1:        Linienzuständigkeiten des Landkreises Friesland

 

Anlage 2:        Tarif

 

Anlage 3:        Marktfähiger Referenztarif

 

Anlage 4:        Antragsformular und Abrechnungsblätter

 

Anlage 5:        Vorgaben für die Trennungsrechnung

 

Anlage 6:        Vorgaben für die Überkompensationskontrolle