Begründung:
Darstellung
der Projektergebnisse: Versuchs- und Demonstrationsflächen zur Erhaltung,
Regeneration und Entwicklung des Moorgebietes von Moorhausen / Varel
Seit Ende des Jahres 2016 betreut der
Landkreis Friesland ein Projekt, welches eine klimaschonende und nachhaltigere
Bewirtschaftung des Moorgebiets von Moorhausen/Varel zum Ziel hat.
Langfristiges Ziel ist die Verringerung von Treibhausgasemissionen sowie die
Sicherung der Puffer- und Speicherfunktionen des Moorbodens durch ein
optimiertes Wassermanagement. Das Projekt wurde
im Rahmen der Förderrichtlinie „Klimaschutz
durch Moorentwicklung“ bezuschusst, wobei sich das Projektbudget aus
Landes- und EU-Mitteln (EFRE), Eigenmitteln des Landkreises und Mitteln der
Barthel-Stiftung sowie der Wasser-und Bodenverbände Friesland/Wilhelmshaven (im
Jahr 2017) zusammensetzt. Die Förderung der 2. Projektphase endete zum
31.01.2020.
Warum
Moorentwicklung?
In früheren Zeiten wurden Moore durch
Entwässerungsmaßnahmen nutzbar gemacht und besiedelt. Dies trifft ebenso auf
das Projektgebiet in Moorhausen/Varel zu, welches auch heute noch ein vorrangig
landwirtschaftlich genutztes Gebiet mit vereinzelter Wohnbebauung ist. Während
einst die Trockenlegung von Mooren zum Aufbau des Wohlstands in unserer
Gesellschaft beitrug, wird dieser Wohlstand in Zukunft durch die Auswirkungen
des durch den Menschen verursachten Klimawandels gefährdet. Auch die
entwässerten Moorgebiete tragen aktiv zu dieser Entwicklung bei, da sie große
Mengen an Treibhausgasen (THG) in die Atmosphäre abgeben. Es wird davon
ausgegangen, dass ca. 12% der niedersächsischen
Gesamtemissionen aus landwirtschaftlich genutzten Moorböden stammt – dies
entspricht fast der Höhe aller THG-Emissionen aus dem Verkehrssektor. Aus der
Perspektive des Klimaschutzes ist es notwendig, diese Emissionen zu verringern.
Da sich
durch Zersetzung und Veränderung des Moorbodens (Torf) auch langfristig die
Nutzungsbedingungen eines Moorgebiets deutlich verschlechtern, ist ein besserer
Schutz von Moorböden jedoch nicht nur ein sinnvoller Beitrag im Sinne des
Klimaschutzes, sondern bedeutet auch für die Landnutzer eine Sicherung ihrer
Bewirtschaftungsgrundlage. Mit Blick auf die spürbaren Folgen des Klimawandels
erfüllen Moorgebiete zudem zusätzliche wichtige Funktionen. In Trockenzeiten
bleibt in diesen das Wasser länger gespeichert, bei Starkregen dienen sie als
Puffer- und Speicherraum – jedoch verschlechtern sich auch diese Eigenschaften
auf lange Sicht merklich durch eine übermäßige Entwässerung. Auch hier gilt:
eine Sicherung dieser Funktionen ist auch im Interesse der Landnutzer.
Der
Landkreis Friesland besitzt einen vergleichsweise hohen Anteil an Moorflächen.
Insofern besteht hier eine besondere Verantwortung für den Schutz von Mooren
und Moorböden, sowohl mit Blick auf deren Klimawirksamkeit als auch auf die
vielfältigen ökosystemaren Funktionen dieser Gebiete.
Entwicklung
des Moorgebietes von Moorhausen
Abbildung 1 (Aufnahme: GutachterInnenbüro Dr. Preiß-Daimler
Die
genannten negativen Auswirkungen der Moorentwässerung können deutlich
abgeschwächt werden, wenn das Wassermanagement in den Moorgebieten optimiert
wird. Somit ist es auch im Projektgebiet von Moorhausen ein grundlegendes Ziel,
möglichst viel Wasser im Moorboden zu halten, ohne jedoch die bisherige
Bewirtschaftung in nennenswertem Maße zu gefährden. Um die spezifischen
Potentiale des Projektgebiets für dieses Ziel zu ermitteln, wurden von 01/2017
– 04/2018 in einer ersten Projektphase naturräumliche Erkundungen und
Untersuchungen durchgeführt. Dies geschah beispielsweise in Form von Bohrungen
(Abbildung 1), regelmäßigen
Wasserstandsmessungen sowie einer entsprechenden Interpretation und
Verarbeitung dieser Daten zu einem grundlegenden Gebietskonzept. Parallel zu
den naturräumlichen Untersuchungen wurde eine intensive Kommunikationsarbeit
geleistet um Eigentümer, Flächennutzer und Akteure in Moorhausen über die Ziele
des Projekts zu informieren und Vorbehalte gegenüber dem Projekt abzubauen.
In der
zweiten Projektförderphase im Zeitraum von 05/2018 - 01/2020 wurden die in der
ersten Projektphase ermittelten Potentiale in der Praxis kleinräumig auf
Versuchsflächen umgesetzt und getestet. Im Sommer und Herbst 2018 erfolgten
Detailuntersuchungen und Abstimmungsgespräche mit den Akteuren und
Flächeneigentümern. Die Detailerkundungen zeigten bereichsweise, dass sich der
oberflächennahe Torfkörper in einem schlechten Zustand befindet (tiefe und
große Trockenrisse), was insbesondere auf die langjährige Entwässerung und die
extremen Trockenperioden der letzten Zeit zurückzuführen ist. Seit Winter 2018/2019 wird getestet,
inwiefern es in Moorhausen durch eine optimierte Steuerung des
Grabenwasserstands gelingen kann, mehr Wasser im Torfkörper zu halten. Zu
diesem Zweck wurde beispielsweise ein verstellbares Wehr in einen zentralen
Entwässerungsgraben eingebaut (siehe
Abbildung 2). Durch diese Vorrichtung kann der Wasserstand im Graben und
den angrenzenden Flächen bedarfsgerecht reguliert werden. Ziel ist es,
möglichst ganzjährig den Wasserstand im Boden ca. 30 cm bis 40 cm unter der
Oberfläche zu halten. So kann auch weiterhin eine landwirtschaftliche Nutzung
wie bisher erfolgen, währenddessen die negativen Folgeerscheinungen der
Entwässerung deutlich abgeschwächt werden. Durch ein Monitoringsystem wird die
Wirksamkeit der Maßnahme erfasst und ausgewertet.
Abbildung 2 (Aufnahme: T. Linß)
Wenngleich
die angestrebten Zielwasserstände im Jahr 2019 (wegen der besonderen
Trockenheit) nicht gänzlich erreicht werden konnten, zeigt die Auswertung der
bisherigen Ergebnisse trotzdem einen positiven Effekt der Maßnahme. Im
Vergleich zu einem unbeeinflussten Standort wurden im Sommer 2019 insbesondere
im Versuchsbereich Heinengraben deutlich höhere Wasserstände gemessen, was
beispielhaft in Abbildung 3
ersichtlich wird. Die Abbildung zeigt die Entfernung des Wasserstandes von der
Geländeoberkante (Oberfläche) im zeitlichen Verlauf (09/2018 – 12/2019) – die
grüne Kurve kennzeichnet die Wasserstände in der unbeeinflussten
Referenzmessstelle ILP22H. Der Wasserstand in der Referenzmessstelle ist im
Verlauf des Sommers 2019 teilweise über 0,5 m tiefer als in den
Versuchsflächen, eine veränderte Wasserstandsdynamik zeigt sich schon ab April
2019 (zu diesem Zeitpunkt wurde das maximale Stauziel für die Versuchsflächen
eingestellt).
Abbildung 3 - Wasserstand unterhalb der
Geländeoberkante (GOK)
Für die bisherige Projektentwicklung hat
der Landkreis Friesland im November 2019 die Auszeichnung „Klimaaktive Kommune
2019“ erhalten, welche mit einem Preisgeld von 25.000 Euro verbunden war. Der
Wettbewerb wird vom Bundesumweltministerium und dem Deutschen Institut für
Urbanistik ausgeschrieben. Der Landkreis Friesland erhielt den Preis in der
Kategorie „Klimaanpassung in der Kommune“.
Fazit
und Ausblick
Auch wenn die ursprünglich angestrebten
Wasserstände in den Versuchsflächen nicht ganzjährig erreicht werden konnten,
zeigte sich insbesondere in einem Versuchsbereich ein deutlich positiver Effekt
der umgesetzten Maßnahme. Aufgrund der
Trockenjahre 2018 und 2019 ist zudem zu erwarten, dass in einem Jahr mit
höheren Niederschlagsmengen auch im Sommer nochmals höhere Wasserstände
erreicht werden können. Trotz der Trockenperioden konnten durch die Maßnahme
schon jetzt mindestens 15.000 m³ Torf zusätzlich auf einer vergleichsweise
kleinen Fläche von 3 ha in einem beständig nassem Zustand versetzt und damit
vor einer raschen Degradierung geschützt werden. Das entspricht der vorläufigen
Sicherung von ca. 6900 t CO2-Äquivalenten, also der Pro-Kopf-Jahresemission von
ca. 600 deutschen Staatsbürgern. Wohlgemerkt ist hier nur von der zusätzlichen
Sicherung des in tieferen Schichten gebundenen Kohlenstoffs die Rede – aber
diese hohen Zahlen auf einer vergleichsweise kleinen Fläche weisen umso mehr
auf die besondere Bedeutung der Moore und Moorböden als Kohlenstoffspeicher und
deren zentrale Rolle für den Klimaschutz hin. Darüber hinaus werden durch die
Maßnahme die wichtigen Speicher-, Puffer- und Regulationsfunktionen (Wasser,
Stoffeinträge, Temperatur) des Torfkörpers gesichert, deren Bedeutung mit Blick
auf die Folgen des Klimawandels nochmals zunehmen wird.
Aufgrund des Moorreichtums des
Landkreises Friesland sollte die Entwicklung und Optimierung von Konzepten zum
Schutz von Mooren und Moorböden weiter fortgeführt und bestenfalls intensiviert
werden. Aufgrund der wirtschaftlichen Nutzung von vielen Moorbereichen ist dies
meist nur in enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit den Akteuren aus
Landwirtschaft, Wirtschaft sowie mit den Akteuren der Wasserwirtschaft möglich.
Wie das Projekt in Moorhausen bisher zeigen konnte, besteht bei vielen Akteuren
aus diesen Bereichen – trotz anfänglicher Vorbehalte und einer gewissen Skepsis
– Offenheit für Maßnahmen im Sinne von Klimaschutz und Klimafolgenanpassung,
sofern diese in guter Zusammenarbeit umgesetzt werden und insbesondere wenn
verständlich wird, dass viele Maßnahmen langfristig auch vorteilhaft für die
Akteure selbst sind.
Das optimierte Wassermanagement im Moorgebiet von Moorhausen wird aktuell auf den bestehenden Flächen fortgesetzt und weiter durch den Landkreis Friesland betreut – dies kann jedoch derzeit nicht in dem gleichen Umfang erfolgen, wie zum Zeitpunkt der Projektförderung. Ein im letzten Jahr gestellter (Folge-)Förderantrag ist noch nicht beschieden – die dafür notwendigen Eigenmittel können vorrangig aus dem im Jahr 2019 gewonnen Preisgeld (Klimaaktive Kommune) bestritten werden. Es wird angestrebt, auch in zusätzlichen Potentialbereichen von Moorhausen ähnliche Maßnahmen umzusetzen. Dies kann auch weiterhin nur im engen Austausch und zusammen mit den Akteuren und Eigentümern im Gebiet geschehen. Es konnte bisher keine negativen Auswirkungen der Maßnahme beobachtet werden, und eine Fortführung wird von den bisher eingebunden Akteuren unterstützt.
Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss nimmt die Ausführungen zu den Ergebnissen der Projektphase „Versuchs- und Demonstrationsflächen zur Erhaltung, Regeneration und Entwicklung des Moorgebietes von Moorhausen / Varel“ zur Kenntnis.
Anlage(n):