Betreff
Variantenvergleich der von Tennet für den Bereich Bockhorn entwickelten Trassenalternativen für das Höchstspannungsvorhaben Wilhelmshaven 2 - Conneforde
Vorlage
0175/2022
Art
Beschlussvorlage

Begründung:

 

TenneT baut ein neues Umspannwerk im Gebiet Wilhelmshaven und von dort zwei neue 380-kV-Leitungsabschnitte: eine rund 30 Kilometer lange Leitung nach Conneforde sowie eine etwa fünf Kilometer lange Verbindung zum bestehenden Umspannwerk in Fedderwarden. Im Zuge der Vorbereitung der Antragskonferenz für ein Raumordnungsverfahren sind verschiedene Varianten zu ermitteln, tiefer zu prüfen und die Empfehlung einer Vorzugsvariante abzugeben.

 

Nachdem am 22.02.22 das Vorhaben und verschiedene Trassenalternativen dem Gemeinderat der Gemeinde Bockhorn sowie dem zuständigen Fachausschuss des Landkreises von der Vorhabenträgerin vorgestellt wurden, fand nun am 15.03.22 ein fachliches Gespräch bzgl. der einzelnen Varianten der 380 kV Leitung Wilhelmshaven 2 – Conneforde (WiCo2) mit dem Amt für regionale Landesentwicklung Weser-Ems aus Oldenburg (ArL) sowie ein weiteres Gespräch mit der Gemeinde Bockhorn und der Vorhabenträgerin am 06.04.22 statt.

 

Vorab ist klarzustellen, dass keine der identifizierten Trassenvarianten konfliktfrei ist und ohne eine Verletzung eines Ziels oder Grundsatzes der Raumordnung auskommt. Festzuhalten bleibt, dass alle Varianten mit mehr oder weniger schwierigen Restriktionen versehen sind und sich keine Vorzugsvariante aufdrängt. Sowohl die westlichen als auch östlichen Trassenvarianten haben erhebliche städtebauliche aber auch wirtschaftliche Auswirkungen auf die Entwicklung Bockhorns, sodass bei keiner Variante von einer „Musterlösung“ zu sprechen ist. Neben den Betroffenheiten der einzelnen Schutzgüter ist deshalb die spätere rechtlich sichere Umsetzung der gefundenen Variante ein weiteres Entscheidungskriterium. Dies entspricht auch der Bedeutung des Vorhabens, da das Vorhaben WiCo 2 eine wesentliche Voraussetzung für die Realisierung des NVP Wilhelmshaven ist.

 

Das Projekt Wilhelmshaven 2-Conneforde ist als Vorhaben Nr. 73 im aktuellen Bundesbedarfsplan verankert. Dieses ist leider ohne den Zusatz „F“ enthalten, sodass eine Teil-Erdverkabelung laut bundesgesetzlichen Vorgaben nicht möglich ist. Im von der Bundesnetzagentur bestätigten Netzentwicklungsplan 2030 (2019) ist es als Projekt P175 enthalten

 

-          Die aufgeführten Varianten beziehen sich auf die neuen Tennet Bezeichnung der Geodaten vom Termin 15.03.22 (alte Bezeichnung in Klammern der Übersicht erhalten).

-          In der näheren Betrachtung sind folgende drei Varianten enthalten:

o   V01 als Vorzugsvariante im Bockhorner Westen (ehemals U08)

o   U06 (ehemals U07)

o   U07 (ehemals U07a)

 

Die Variante U08 bzw. ehemals U9, ist aufgrund der sehr erheblichen Mehrlänge und der Menge an Restriktionen (insbesondere VRG NuL Friedrichsfeld mit Verletzung von CEF-Maßnahmen) direkt auszuschließen.

 

Zusammenfassung der Betroffenen Schutzgüter/Vorranggebiete

 

Längen für den Abschnitt Driefel bis Conneforde:

 

Alternative

V01

U06

U07

U08

Länge km

12,53

15,8

13,92

18,58

Vergleich
12,53 km = 100%

100%

126%

111%

148%

 

Die Alternative U08 wird wegen der Mehrlänge von fast 50% und der Unterschreitung des 400 m-Abstands zu 51 Wohngebäuden im Innenbereich (Ziel der Raumordnung) im Zuge einer Neutrassierung nachfolgend nicht weiter betrachtet. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die energiewirtschaftliche Genehmigungsfähigkeit aufgrund der Mehrlängen nur sehr eingeschränkt gegeben ist.

 

 

Schutzgut Mensch - Wohngebäude

Alternative

V01

U06

U07

 

Bestands-trasse

Neutrasse

Bestands-trasse

Neutrasse

Bestands-trasse

Neutrasse

Unterschreitung 400 m Abstand zu Wohngebäuden (Innenbereich)

227 Gebäude

 

 

 

 

 

Unterschreitung

200 m Abstand zu Wohngebäuden (Außenbereich)

 

13 Gebäude

 

51 Gebäude

 

36 Gebäude

 

 

Schutzgut Mensch - Erholung

Alternative

V01

U06

U07

 

Bestands‑trasse

Neutrasse

Bestands-trasse

Neutrasse

Bestands-trasse

Neutrasse

Querung Vorranggebiet landschaftsbe-zogene Erholung

 

-

-

-

-

-

Querung Vorbehaltsgebiet landschaftsbe-zogene Erholung

860m+
123m

 

123m

2153m+
395m+
750m

 

2153m+
395m

 

 

Schutzgut Natur und Landschaft

Alternative

V01

U06

U07

 

Bestands-trasse

Neutrasse

Bestandstrasse

Neutrasse

Bestands-trasse

Neutrasse

Querung Vorranggebiet Natur und Landschaft

2,20 km

2,20 km

 

2,60 km

 

2,30 km

Querung Vorbehaltsgebiet Natur und Landschaft

0,38 km

0,38 km

 

0,36 km

 

0 km

Querung wertvolle Bereiche für Gastvögel

0 km

0 km

 

3,10 km

 

0 km

Querung wertvolle Bereiche für Brutvögel

0 km

0 km

 

3,10 km

 

2,20 km

Querung von Landschafts-schutzgebieten

1,60 km

1,60 km

 

0 km

 

0 km

Querung von Gebieten mit Wallhecken

0 km

0 km

 

1,60 km

 

0,90 km

 

Der erste Prüfschritt ist die Anzahl und Länge der Querungen von Vorranggebiet Natur und Landschaft (VRG NuL) sowie naturschutzfachlicher Bewertung hinsichtlich des Zielkonflikts, ob die Querung mit einer Freileitung 380kV vereinbar ist. Vereinbar bedeutet, dass das Vorhaben keine Auswirkungen hat, die dem Ziel widersprechen oder seine Umsetzung dauerhaft erheblich erschweren. Neben den naturschutzrechtlichen Verbotsbestimmungen, die eine oder mehrere Varianten ausschließen, werden die Varianten auf Bündelung mit bestehenden Trassen sowie Länge der Querung durch Naturschutzgebiete sowie reine Überspannung, bei Maststandorten außerhalb des Schutzgebietes, geprüft.

 

Die Querung der Vorranggebiete für Natur und Landschaft sowie weiterer wertvoller Bereiche:

 

V01        Gequert wird das LSG FRI 111 Neuenburger Holz. Schutzzweck ist die Entwicklung und Erhaltung des Landschaftsbildes und einer artenreichen Flora und Fauna mit bedrohten Pflanzen und Pflanzengesellschaften sowie der starken Amphibienpopulation. Die Querung widerspricht dem Schutzzweck nicht, da die geplante Leitung die bereits vorhandene 220 kV Leitung lediglich ersetzt.

 

V06        Gequert werden die Kompensationsflächen östlich von Driefel (Nr.56 Niederungen des Zeteler Tiefs und der Woppenkamper Bäke, Brunner Bäke mit Niederung). Kompensiert werden hier die Eingriffsfolgen durch den Windpark Hiddels. Als Kompensationsziel ist die Entwicklung extensiver, mesophiler Grünlandflächen festgeschrieben. Diese Flächen, direkt neben dem Zeteler Tief, sollen sich dadurch zu Fortpflanzungs- und Ruhestätten für Brut- und Rastvögel entwickeln. Somit dienen sie der Avifauna als Ausweichflächen für die im Windpark verloren gegangenen Flächen. Durch die notwendigen Baumaßnahmen der Mastanlagen und die Überspannung der Kompensationsflächen kommt es zu einer starken Reduzierung der Wertigkeit und damit zu der Notwendigkeit einer Nachkompensation. Dies widerspricht den Kompensationszielen und erschwert deren Umsetzung erheblich.

 

Nördlich und östlich von Steinhausen werden Entwicklungsflächen im Biotopverbund „Brunner Bäke mit Niederung“ tangiert bzw. durchlaufen. Als vorrangige Entwicklung ist die Pufferung der Brunner Bäke, Sanierung beeinträchtigter abiotischer Funktionen Wasser- und Stoffretention, Erhöhung der Fläche unterrepräsentierter Biotoptypen, Vernetzung von Feuchtlebensräumen, Erhöhung Klimaschutzfunktion durchzuführen.

Zudem stellen die Bereiche sehr wichtige Biotopverbundstrukturen gemäß des Niedersächsischen Weges und des Landesraumordnungsprogrammes dar.

Eine erhebliche Beeinträchtigung dieser Entwicklungsmaßnahmen durch die Baumaßnahme und die Überspannung hat erhebliche Auswirkungen auf die Erreichbarkeit der dort formulierten Ziele in Bezug auf die notwendige Durchgängigkeit dieses Verbundsystems.

 

Zudem führt die geplante Trasse nördlich und östlich von Steinhausen durch wertvolle Bereiche für Gast- und Brutvögel. Diese Bereiche wurden durch die staatliche Vogelschutzwarte entsprechend kartiert. Bestätigt wurden die Kartiergebnisse durch die avifaunistischen Gutachten im Zuge der Windparkplanung.

Gemeinsam mit den Kompensationsflächen östlich von Driefel und dem Biotopverbundsystem Brunner Bäke stellt dieser Brut- und Rastvogelbereich einen Gesamtkomplex dar. Ziel ist es den Brut- und Rastvögeln in den Gewässerräumen der BrunnerBäke, des Zeteler Tiefs und der Woppenkamper Bäke neue und erweiterte Fortpflanzungs- und Lebensstätten zu bieten. Durch die Zerschneidung aufgrund der geplanten Trasse (Baumaßnahme und Überspannung) ist ein Austausch bzw. die Neubesiedelung durch die Avifauna und damit eine gegenseitige Aufwertung der Bereiche stark eingeschränkt, was die Erreichbarkeit der hier formulierten Ziele erheblich erschwert.

 

Östlich von Bockhorn wird das dort sehr gut ausgeprägte Wallheckgebiet überspannt.Angrenzend zu dem Wallheckengebiet wurde im Zuge der Brutvogelkartierung für den Landschaftsrahmenplan im Bereich Jeringhave/ Rotenhahn eine lokale Bedeutung der Population ermittelt. Aufgrund der unmittelbaren Nähe ist eine ähnliche Bedeutung des Wallheckengebietes für den Brutvogelbestand nicht auszuschließen.

Durch die Baumaßnahmen kommt es zu Beseitigungen und massiven Störungen des Gehölzbestandes der Wallhecken. Dies führt zu Verlusten von Fortpflanzungsstätten.

Die Überspannung der Gehölze hat zur Folge, dass die Brutvögel aufgrund der Geräusche und der Bewegung der Leitungsseile diese Bereiche meiden (Fluchtdistanzunterschreitung).

Somit verliert der geschützte Wallheckenbereich stark an Bedeutung für den Artenschutz und dies widerspricht den Schutzzielen dieses ökologischen Verbundsystems erheblich.

 

V07        Gequert wird der ehem. Flugplatz Friedrichsfeld. Die Kartierungen zum Landschaftsrahmenplan haben aufgrund großflächiger Vorkommen gefährdeter Biotoptypen, Standort zahlreicher gefährdeter Pflanzenarten und Brutgebiet gefährdeter Vogelarten eine Naturschutzgebietswürdigkeit (NWB) ergeben. Als Schutzzweck ist die Erhaltung und Entwicklung gefährdeter Biotoptypen und Lebensstätten gefährdeter Tier- und Pflanzenarten gefordert.

 

                Zur Erreichung dieser Ziele wurde das gesamte Gelände als Kompensationsgebiet für den Bau der A 20 planfestgestellt.

               

 
               

 

 

 

 

 

 

                Auszug aus dem Planfeststellungsbeschluss

 

Die Trassenvariante mit den notwendigen Baumaßnahmen und der Überspannung der Kompensationsfläche widerspricht sowohl der Naturschutzgebietswürdigkeit wie auch der Eignung des Geländes als CEF Maßnahme für den Bau der A 20.

 

Vorranggebiet Natur und Landschaft (Landschaftsschutzgebiet Neuenburger Holz, Biotopverbund Gewässer, Kompensationsfläche Friedrichsfeld):

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wertvolle Bereiche für Gastvögel und Brutvögel:

 

 

 

Räumliche Nutzungen

Alternative

V01

U06

U07

 

Bestands-trasse

Neutrasse

Bestands-trasse

Neutrasse

Bestands-trasse

Neutrasse

Querung Vorranggebiet Rohstoffgewinnung

525m (nur Vorbehalts-gebiet Ton)

 

525m (nur Vorbehalts-gebiet Ton)

350m

 

350m

Querung Windpark

 

 

 

481m

 

481m

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Querung des Windparks Hiddels von U06 und U07(blau):

 

 

Das Vorbehaltsgebiet Sand, östlich von Steinhausen, wird nur am Rande geschnitten. Hier beträgt die Länge 215m. Aufgrund des großen Maßstabs von 1:50.000 im Regionalplan wird dies als raumordnerische Ungenauigkeit und somit nicht ein als zu kreuzendes Sandvorbehaltsgebiet eingestuft.

 

Laut dem Landesraumordnungsprogramm (LROP (VO 2017 sowie 2.Entwurf 2020) sowie dem Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP 2020) gibt es Ziele und Grundsätze der Raumordnung sowie ein entsprechendes Urteil, dass insbesondere auf die Bündelung der neuen Trasse mit bestehenden Trassensystemen als verbindliche Planungsvorgabe festlegen.

 

LROP VO 2017, Ziffer 04, Satz 6:

Bei der Planung von neuen Standorten, Trassen und Trassenkorridoren für Hoch- und Höchstspannungs- und raumbedeutsamen Gasleitungen sollen Vorbelastungen und die Möglichkeiten der Bündelung mit vorhandener und geplanter technischer Infrastruktur berücksichtigt werden.

 

LROP 2020 - 2. Entwurf, Ziffer 05:

Bei der Planung von Hoch- und Höchstspannungs-wechselstromleitungen sollen energiewirtschaftsrechtlich zulässige Erdkabeloptionen frühzeitig als Planungsalternativen in die Raumverträglichkeitsprüfung einbezogen werden, insbesondere zur Lösung von Konflikten bei Siedlungsannäherungen und Konflikten mit dem Gebiets- und Artenschutz nach dem Naturschutzrecht.

 

Diese LROP 2020-Regelung ist noch im Entwurf, der allerdings bis Oktober verabschiedet sein soll. Dies ist im Speziellen bei der Engstelle Bockhorn eine wesentliche Chance, die heute noch nicht mögliche Erdverkabelung eventuell im Rahmen der Planfeststellung realisieren zu können. Da so zeitgleich eine mögliche Realisierung und Trassenalternative (mit kürzerer Länge, geringer Rauminanspruchnahme und geringer Querung von Raumansprüchen) ermöglicht würde und zudem der Wohnumfeldschutz gewahrt bleibe. Wohingegen der Wohnumfeldschutz bei den anderen Varianten durch die Mehrlängen abgearbeitet wird.

 

 

Auch das RROP sieht grundsätzlich den Vorrang der Trassenbündelung und Nutzung von Bestandstrassen vor:

 

RROP 2020, Kap. 4.2, Abs. 03, Satz 3

„Die vorhandenen Leitungstrassen und die damit beanspruchten sowie zukünftig zu beanspruchenden Vorranggebiete (Leitungs-)Korridore sind unter diesen Zielfestlegungen auf ihre Eignung für Aus- und Neubau sowie Bündelung zu überprüfen und gemäß ihrer Eignung zu sichern.“

 

 

Planungsprinzipien Trassenkonzept nach dem RROP 2020, Begründung, S.290:

-          Die kürzeste Verbindung zwischen Knotenpunkten/ geringste Rauminanspruchnahme: Es muss mindestens ein Planvorhaben realisiert werden können; längere Verbindungen dürfen bei Berücksichtigung bzw. der Unterbringung von mehreren neuen Trassen gewählt werden,

-          Bündelung mit bisherigen Leitungen (Bündelungsgebot),

-          Entwicklung neuer Trassen ist möglich, sofern eine Bündelung und Ersatz von Bestandsleitungen nicht möglich ist oder zu Inanspruchnahme höherer Raumwiderstände führt,

-          Bei der Planung von neuen Trassen soll eine Überlagerung mit Vorranggebieten Natur und Landschaft sowie Vorranggebieten Erholung vermieden werden, sofern der Schutzzweck von nach Naturschutzrecht geschützten Gebieten entgegensteht,

-          Bei ELT-Leitungen ist eine Überlagerung oder Querung mit Vorranggebieten Windenergie nicht möglich.

 

Wie oben dargestellt, ist keine der geprüften Trassenvarianten frei von Konflikten. Gegenüber den anderen Varianten weist V01 das höchste Maß der Verletzung des Wohnumfeldschutzes auf, weil eine Unterschreitung des 400 m-Abstands zu 227 Wohngebäuden im Innenbereich (Ziel der Raumordnung im Landes-Raumordnungsprogramm - LROP) erfolgt. Die Varianten U08 und U07 hingegen sind energiewirtschaftlich gesonderte zu begründen (Mehrlänge) und/oder weisen erhebliche rechtliche Schwierigkeiten (Friedrichsfeld, CEF) und naturschutzfachliche Probleme auf. Würde beispielsweise die auch nicht konfliktfreie U06 gewählt werden, so würde V01 für den ebenfalls in Planung befindlichen B-Korridor zur Verfügung stehen. Da dieser in Form eines Erdkabels geführt wird gäbe es auch keine Konflikte mit dem Wohnumfeldschutz, zumal es sich um eine unmittelbare Bundesfachplanung ohne vorgeschaltetes Raumordnungsverfahren handelt. Die erhofften städtebaulichen und landwirtschaftlichen Entwicklungsspielräume würden im Westen trotz Oberleitung im Osten der Gemeinde Bockhorn verwehrt bleiben.

 

Stellt man nun die reinen Konflikte in die Abwägung, erscheint keine Lösung möglich. Nach Netzentwicklungsplan, Bundesfachplanung (für den B-Korridor) und dem Bundesbedarfsplangesetz ist eine Nullvariante nicht vorgesehen. Ein Ausweichen auf andere Gemarkungen wurde zudem ebenfalls geprüft.

 

Nach den Regelungen des LROP (Kapitel 4.2 Ziffer 07 Satz 5) hat bei der Weiterentwicklung des Leitungstrassennetzes für Leitungen mit einer Nennspannung von mehr als 110 kV die Nutzung vorhandener Leitungstrassen und Leitungstrassenkorridore nur dann Vorrang vor der Festlegung neuer Leitungstrassen und Leitungstrassenkorridore, wenn die vorhandenen Leitungstrassen und Leitungstrassenkorridore für den Aus- und Neubau geeignet sind.

 

Dieses ist westlich von Bockhorn wegen der Unterschreitungen des Abstandsbereichs zu den Wohnhäusern im Innenbereich zunächst nicht der Fall. Gleichzeitig ist die Eignung der übrigen Varianten ebenfalls nicht i. S. d. Kapitel 4.2 Ziffer 07 Satzes 5 nachgewiesen. Sie sind nicht konfliktfrei und / oder energiewirtschaftlich weniger effizient.

 

In diesem Sinne kann eine Abwägung und Entscheidung nur entlang der gültigen Regelungen insbesondere des LROP und RROP sowie der kumulativen Betrachtung von Neubelastungen des Raumes erfolgen.

 

Für Flaschenhalssituationen beinhaltet das LROP die Ausnahmeregelungen nach Kapitel 4.2 Ziffer 07 Satz 9 LROP. Der Abstand zum Wohnen kann dieser Abstand ausnahmsweise dann unterschritten werden, wenn

 

a)    gleichwohl ein gleichwertiger vorsorgender Schutz der Wohnumfeldqualität gewährleistet ist oder

b)    keine geeignete energiewirtschaftlich zulässige Trassenvariante die Einhaltung der Mindestabstände ermöglicht.

 

Es handelt sich damit um eine Alternativbetrachtung, die im Folgenden abgeprüft wird.

 

Zu lit. a):

Ein gleichwertiger vorsorgender Schutz der Wohnumfeldqualität (Buchstabe a) beispielsweise durch sichtverschattende Gehölzbestände ist unzweifelhaft nicht gegeben und auch nicht herzustellen.

 

Zu lit. b):

Die Voraussetzungen des Buchstaben b wären erfüllt, wenn keine Trassenvariante die Ziele der Raumordnung und fachgesetzliche Vorgaben einhalten könnte. Hier ist insbesondere zu betrachten, ob die Querungen der im RROP dargestellten Vorranggebiete Natur und Landschaft, die teilweise auf LROP-Vorgaben beruhen, bei den Varianten U06 und U07 zielkonform und ohne Verletzung von fachgesetzlichen Verbotstatbeständen, beispielsweise nach Naturschutzrecht, möglich wären. Dies ist bei U06 und U07 nicht der Fall, sodass bei allen drei möglichen Varianten Ziele der Raumordnung verletzt werden. Dem gegenüber greift die V01 auch in die Vorranggebiete Natur und Landschaft, hier vor allem die Driefeler Wiesen, ein. Es findet aber durch den Ersatzneubau effektiv keine Mehrbelastung des Raumes statt. Alle übrigen Trassenvarianten würden zudem gegen ein Ziel der Raumordnung (Abstand zur Wohnbebauung, Vorranggebiete Natur und Landschaft oder Vorranggebiete Windenergienutzung und Rohstoffgewinnung) sowie dem Bündelungsgebot, gemäß RROP 2020, Kap. 4.2, Abs. 03, Satz 3 verstoßen, da sie weder bündeln noch Konflikte lösen und einen Zielkonflikt der Raumordnung beinhalten.

 

Insofern sind die Voraussetzungen für lit. b) grundsätzlich gegeben.

 

Da alle Alternativen „harte“ Kriterien (Ziele der Raumordnung und fachgesetzliche Verbotstatbestände) verletzen, ist V01 über die Ausnahme in Kapitel 4.2 Ziffer 07 Satz 9 Buchstabe b LROP raumordnerisch möglich.

 

Zusätzliches Gewicht erhält in diesem Fall dann auch die Frage der Neubelastung des (Landschafts-) Raums sowie bestehende rechtliche Sicherungen von Trassen. Die betroffenen Wohngebäude wurden jedoch nach dem Bau der im RROP 2020 und auch schon im RROP 2003 gesicherten 220-kV-Bestandsleitung errichtet. Hinzu kommt, dass in dem für diesen Bereich gültigen Bebauungsplan bereits eine Hochspannungsfrei-Leitung der Spannungsebene 380 kV dargestellt ist. Der Trassenverlauf ist überwiegend auch eigentumsrechtlich in Form von Dienstbarkeiten abgesichert.

 

Die Nutzung der Bestandstrasse entspricht zudem den Vorgaben des RROP 2020, Kap. 4.2, Abs. 03, Satz 3.

 

Damit entspricht Variante V01 auch positiv den Zielvorgaben nach dem LROP und verletzt nicht nur nicht Ziele der Raumordnung, wodurch sich raumordnerisch eine höhere Legitimität ergründet – trotz erheblicher Zielverletzung durch die Abstände zur Wohnbebauung. Naturschutzfachlich ist eine Bündelung der Trasse einer Neuinanspruchnahme ebenfalls vorzuziehen. Daher wird von Verwaltungsseite die Variante V01 vorgeschlagen, da der Zielkonflikt Wohnbebauung über das LROP/ Aufnahmeregelung bzw. über Vorranggebiete Natur und Landschaft Driefeler Wiesen aufgrund der Bündelung mit der bestehenden 220 kV Leitung am verträglichsten erscheint und die geringste Neuinanspruchnahme getroffen wird.

 

Aufgrund der Zielverletzung durch die Abstände zur Wohnbebauung und der Resolution des Kreistags des Landkreises Friesland spricht sich der Landkreis Friesland als erste Priorität der Variante V01 mit Teil-Erdkabeloption aus. Eine entsprechende Stellungnahme wird im Rahmen der Beteiligung zum Bundesbedarfsplangesetzt abgegeben. Erst wenn diese Option der Teil-Erdverkabelung rechtlich, technisch und verfahrenstechnisch nicht möglich ist, spricht sich der Landkreis Friesland für die Variante V01 als herkömmliche Alternative aus.

 


Beschlussvorschlag:

 

1)    Den Ausführungen und er fachlichen Stellungnahme mit der Vorzugstrasse V01 – sowohl als Teil-Erdverkabelung erster Priorität als auch herkömmlicher Oberleitung zweiter Priorität – werden zugestimmt.

2)    Die Verwaltung wird damit beauftragt eine entsprechende Stellungnahme innerhalb der Antragskonferenz zum Raumordnungsverfahren der 380kV Leitung Wilhelmshaen 2 – Conneforde abzugeben.

 


Finanzielle Auswirkungen:       Ja       Nein

Gesamtkosten der Maßnahmen (ohne Folgekosten)

Direkte jährliche

Folgekosten

 Finanzierung:

  Eigenanteil                objektbezogene Einnahmen

Sonstige einmalige oder jährliche laufende Haushaltsauswirkungen

€ XXXXX

€ XXXX

€ XXXX

€ XXXX

€ XXXX

Erfolgte Veranschlagung:    ja, mit             Nein

im   Ergebnishaushalt    Finanzhaushalt    Produkt- bzw. Investitionsobjekt: XXXX

Vorlage betrifft die demografische Entwicklung:    ja   nein

Falls ja, in welcher Art: XXXX

Vorlage betrifft klimarelevante Maßnahmen:    ja   nein

Falls ja, in welcher Art: Energiewende

Vorlage bezieht sich auf

XXX

MEZ  Nr. XXX

Titel: 

HSP  Nr.  XXX

Titel:  

                                                

 

M. Tammen                  

Sachbearbeiter/in                    Fachbereichsleiter/in

Sichtvermerke:

 

                                                             

Dezernent/in                     Kämmerei                 i.V. EKR`in Vogelbusch

Abstimmungsergebnis:

Fachausschuss

einstimmig 

Ja:

Nein:

Enth.:

Kts. gen.:  

abw.  Beschl.   

Kreisausschuss

einstimmig 

Ja:

Nein:

Enth.:

Kts. gen.:  

abw.  Beschl.   

Kreistag

einstimmig 

Ja:

Nein:

Enth.:

Kts. gen.:  

abw.  Beschl.   

 


Anlage:

 

keine