Betreff
Positionierung zur energetischen Nutzung von Holz
Vorlage
0549/2023
Art
Beschlussvorlage ohne Kämmerei

Begründung:

 

Ausgangslage:

In einem Schreiben vom Mai 2023 an den Landkreis Friesland bezieht die Forstbetriebsgemeinschaft Ems-Jade Stellung zum neuen Gebäudeenergiegesetz. Die Forstbetriebsgemeinschaft Ems-Jade vereint Besitzer von Privatwäldern in den Landkreisen Aurich, Friesland, Leer und Wittmund sowie in den Städten Emden und Wilhelmshaven. Die Forstbetriebsgemeinschaft kritisiert in dem Brief, dass der aktuelle Gesetzesentwurf ein „Frontalangriff gegen die Holzenergie“ sei, da es einem enteignungsgleichen Eingriff gleichkäme, das eigene Holz energetisch nicht  mehr nutzen zu dürfen. Dabei werden im Schreiben vier Punkte genannt, welche laut dem Gesetzesentwurf ab Januar 2024 gelten sollen, wie z.B., dass Holz nicht als erneuerbare Energiequelle für das 65%-Ziel im Neubau anerkannt werden soll.

Die Forstbetriebsgemeinschaft Ems-Jade bittet darum, sechs beigelegte vorformulierte Briefe an die Bundestagsabgeordneten aus der Region zu senden. Die Abgeordneten werden in den Briefen dazu aufgerufen, den Gesetzesentwurf im parlamentarischen Verfahren dahingehend abzuändern, dass das Holz privater Forstbesitzer weiterhin uneingeschränkt zu Heizzwecken genutzt werden darf.

Der Landkreis Friesland muss darüber entscheiden, ob der Bitte nachgekommen und damit die formulierte Position in dem Schreiben unterstützt werden soll.

 

Fachlicher Sachstand:

Zu den Auswirkungen der energetischen Nutzung von Holz auf den Klimawandel gibt es unterschiedliche Positionen. Eine landläufige Annahme ist, dass das Heizen mit Holz treibhausgasneutral sei, da es sich bei Holz um eine nachwachsende Ressource handele.

Allerdings schreibt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV)[1] auf seiner Seite explizit: „Heizen mit Holz ist entgegen der weit verbreiteten Meinung nicht klimaneutral.“ Laut BMUV sind die CO2-Emissionen pro produzierter Wärmeeinheit sogar höher als bei fossilen Energieträgern.

Das Umweltbundesamt (UBA)[2] erläutert, dass bei der Verbrennung von Holz zudem gesundheitsgefährdende Luftschafstoffe, klimaschädliches Methan, Lachgas und Ruß entstehen. Die genaue Klimabilanz hänge jedoch von mehreren Faktoren ab, wie z.B. welches Holz verwendet wird, woher das Holz kommt und welche Feuerstätte verwendet wird.

Befürworter[3] der Holzverbrennung argumentieren, der Wald nehme jährlich genauso viel oder sogar mehr CO2 auf, als das was pro Jahr durch die Holzverbrennung an CO2 freigesetzt werden würde. Dem entgegnet das BMUV, dass dies eine vereinfachende Annahme sei. Der Annahme zufolge würde die durch den Wald erfolgende Kohlenstoff-Speicherung automatisch dem Ausgleich der CO2-Emissionen aus der Holzverbrennung zur Verfügung stehen. Tatsächlich finde die Kohlenstoff-Speicherung jedoch unabhängig von der Holzverbrennung statt und sollte für den Ausgleich nicht vermeidbarer CO2-Emissionen genutzt werden.

Das BMUV empfiehlt stattdessen die stoffliche Nutzung von Holz für langlebige Holzprodukte dem Verbrennen vorzuziehen, da der gespeicherte Kohlenstoff somit länger gespeichert bleiben würde. Nur anfallende Alt- und Resthölzer sowie Sägespäne, welche nicht anderweitig verarbeitet werden können, sollten für die Wärmeversorgung in Betracht kommen, wobei in privaten Haushalten nur unbehandeltes Holz zum Heizen verwendet werden dürfe.

 

Laut dem Projektabschlussbericht zur kommunalen Wärmeplanung im Landkreis Friesland sollte nur ein Drittel des jährlichen Holzzuwachses der Wälder im Landkreis energetisch genutzt werden, sofern eine nachhaltige Nutzung des Holzzuwachses beabsichtigt sei.

Zum energetisch nutzbaren Holzpotential im Landkreis heißt es:

„Bei Nutzung des nachhaltig entnehmbaren Holzes mittels KWK besteht im Landkreis Friesland ein Potenzial von 6.408 MWh/a. Bei ausschließlicher Wärmenutzung liegt das nutzbare Potenzial mit 12.397 MWh/a knapp doppelt so hoch. Ein Vergleich mit der bereits aktuell in Holzheizungen im Landkreis Friesland erzeugten Wärmemenge (vgl. Kapitel 6) ist jedoch festzustellen, dass mit 47.237 MWh/a bereits mehr als das zur Verfügung stehende Potenzial genutzt wird. Die folgende Grafik (Abbildung 9-6) verdeutlicht das Ungleichgewicht.“

Screenshot (47)

Positionierung:

Wie die vorherigen Ausführungen zeigen, hängt die Klimabilanz der energetischen Nutzung von Holz von unterschiedlichen Faktoren (Holzbezug, Feuerstätte …) und der Bilanzierungsperspektive ab. Die Treibhausgasemissionen, welche bei der Verbrennung von Holz für die Wärmeerzeugung entstehen, ließen sich durch eine andere Wärmeerzeugung, wie z.B. Wärmepumpen, vermeiden/reduzieren. Dagegen werden manche Emissionen in der Landwirtschaft und Industrie nicht vollständig zu vermeiden sein, wie z.B. der Methanausstoß bei der Rinderhaltung. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoller die Senkenfunktion des Waldes als Ausgleich für die nicht vermeidbaren Emissionen zu nutzen und nicht der energetischen Holznutzung zuzuschlagen.

Holz sollte vorzugsweise stofflich genutzt werden, beispielsweise als Bauholz, um die CO2-Speicherung in langlebigen Holzprodukten zu nutzen. Nicht anderweitig verwertbares Holz, z.B. Restholz oder Kalamitätenholz, welches keine Verwendung in Sägewerken findet, wäre für die energetische Nutzung hingegen sinnvoller.

Zudem wird laut den Berechnungen innerhalb der kommunalen Wärmeplanung im Landkreis das zur Verfügung stehende Potenzial für die nachhaltige Wärmeerzeugung durch Holz bereits überschritten.

Daher wird empfohlen, dass der Landkreis nur die energetische Nutzung von Holz unterstützt, welches nicht anderweitig verwertet werden kann und anderenfalls die stoffliche Nutzung von Holz für die Produktion langlebiger Produkte der energetischen Nutzung vorzuziehen. Dieser Positionierung zufolge könnte der Forderung der Forstbetriebsgemeinschaft Ems-Jade nicht gefolgt werden, Holz auch zukünftig „uneingeschränkt“ zu Heizzwecken nutzen zu dürfen.

 

 



[1] https://www.bmuv.de/heizen-mit-holz/umwelt/klimaauswirkungen-von-heizen-mit-holz

[2] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2020_heizen_mit_holz_bf.pdf

[3] https://www.tagesschau.de/inland/holz-klimaneutral-101.html


Beschlussvorschlag:

 

Der Landkreis Friesland beschließt die in der Begründung formulierte Positionierung zur energetischen Nutzung von Holz.

 

 


Finanzielle Auswirkungen:       Ja       Nein

Gesamtkosten der Maßnahmen (ohne Folgekosten)

Direkte jährliche

Folgekosten

 Finanzierung:

  Eigenanteil                objektbezogene Einnahmen

Sonstige einmalige oder jährliche laufende Haushaltsauswirkungen

€ XXXXX

€ XXXX

€ XXXX

€ XXXX

€ XXXX

Erfolgte Veranschlagung:    ja, mit             Nein

im   Ergebnishaushalt    Finanzhaushalt    Produkt- bzw. Investitionsobjekt: XXXX

Vorlage betrifft die demografische Entwicklung:    ja   nein

Falls ja, in welcher Art: XXXX

Vorlage hat negative Auswirkungen auf Klimaschutz:   ja   nein

Vorlage bezieht sich auf

XXX

MEZ  Nr. 4

Titel: Erhalt und Verbesserung der natürlichen Lebensgrundlagen

HSP  Nr.  4.4.1

Titel: Verstärkter Einsatz regenerativer Energien

                                                

 

gez. Valentin Lang                    gez. Rolf Neuhaus

Sachbearbeiter                        Fachbereichsleiter

Sichtvermerke:

 

gez. Dr. Martin Dehrendorf                                        gez. Sven Ambrosy                                         

Dezernent                             Kämmerei                     Landrat

Abstimmungsergebnis:

Fachausschuss

einstimmig 

Ja:

Nein:

Enth.:

Kts. gen.:  

abw.  Beschl.   

Kreisausschuss

einstimmig 

Ja:

Nein:

Enth.:

Kts. gen.:  

abw.  Beschl.   

Kreistag

einstimmig 

Ja:

Nein:

Enth.:

Kts. gen.:  

abw.  Beschl.   

 


Anlage(n):

 

Vorgefertigter Brief an Bundestagsabgeordnete