Betreff
Antrag der Gruppe SPD-GRÜNE-FDP vom 14.06.2023 (Orga-Beschluss durch den Kreisausschuss vom 05.07.2023): „Startup-Strategie für Friesland – Innovationen in den Landkreis Friesland holen, Startups stärken“
Vorlage
0659/2023
Art
Beschlussvorlage ohne Kämmerei

Begründung:

Definition „Start-up“ lt. Wikipedia (Auszüge):

Start-up

Ein Start-up-Unternehmen (von englisch to start up ‚gründen, in Gang setzen‘), auch Startup-Unternehmen oder kurz Start-up, ist eine Unternehmensgründung mit einer Geschäftsidee und hohem Wachstumspotenzial. Oft operieren Start-ups in jungen oder noch nichtexistierenden Märkten und müssen erst ein funktionierendes Geschäftsmodell finden. Haben sie dieses etabliert, gelten sie allgemein nicht mehr als Start-up. Ehemalige Startup-Unternehmen bewahren sich mitunter die erfolgreichen Ansätze ihrer Gründungszeiten (wie Innovationsfähigkeit, Flexibilität, Modernität, flache Hierarchien), fördern sie gezielt durch Inkubatoren, gründen bzw. gliedern eigene Sparten als Start-ups aus (sogenannte Spinoffs) oder übernehmen andere Start-ups durch Zukäufe. Die Finanzierung eines Start-ups erfolgt wegen der hohen Risiken meist nicht über klassische Finanzquellen, sondern beispielsweise durch Business Angels (Privatinvestoren), Wagniskapitalfinanzierer oder Crowdfunding.

Begriff

Nicht jedes neu gegründete Unternehmen wird als Startup bezeichnet. Zum Beispiel starten Handwerksbetriebe (wie Tischler und Friseure) oder Freiberufler (wie Architekten und Rechtsanwälte) im Regelfall weder mit einer innovativen Geschäftsidee noch haben sie das vorrangige Ziel, schnell zu wachsen. Sie bedienen einen existierenden und bewährten Markt und gelten häufig als Existenzgründer. Beim Franchising ist der Franchisenehmer ebenfalls kein Startup, der Franchisegeber kann es hingegen durchaus sein. https://de.wikipedia.org/wiki/Start-up-Unternehmen - cite_note-4. Copycat-Unternehmen im Tech-Bereich werden mitunter als Startups bezeichnet, erfüllen aber meist nur bedingt das Kriterium der Innovation, vielmehr führen sie diese häufig auf einem anderen Markt ein als das kopierte Unternehmen.

Obwohl als Startup im Prinzip Unternehmen aller Branchen bezeichnet werden können, welche die Kriterien Innovation und Skalierbarkeit erfüllen, sind in der Praxis die meisten Startups im Technologie- und Internetsektor tätig. Typische Branchen sind der Elektronische Handel, Anwendungssoftware, Finanztechnologie, Biotechnologie, Nanotechnologie, neue Fertigungsverfahren, Industrie 4.0 oder Luft- und Raumfahrttechnik.

Laut dem Begründer der Lean-Startup-Methode und Autor Eric Ries ist „Ein Startup […] eine menschliche Institution, die ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung in einem Umfeld extremer Ungewissheit entwickelt“. 

Oft haben die Gründer und Investoren eines Startups die Absicht, das Unternehmen nach wenigen Jahren auf dem freien Markt anzubieten, entweder einem etablierten Unternehmen durch Kapitalbeteiligung oder Unternehmenskauf oder vielen Aktionären durch einen Börsengang. Häufig sollen dadurch die Tragfähigkeit bzw. das Potenzial des Unternehmens dargestellt werden oder neue Ideen verwirklicht werden. Eine fruchtbare Gründerszene entsteht demzufolge häufig durch die Dynamik von Talenten und Finanzmitteln, die durch Verkäufe und regionale Netzwerke mit wachsendem Know-how angeregt wird. Die Ballung bestimmter Branchen oder insgesamt vieler Startups heißt Startup-Cluster. So bildeten sich nach dem Vorbild des Silicon Valley unterschiedliche politisch geförderte Cluster in Deutschland, beispielsweise das BioCon Valley in der Greifswalder Region, das Solar Valley in Mitteldeutschland und das BioValley im Südwesten Deutschlands. Für die Startup-Gründer sind politische Stabilität und Rechtssicherheit wichtige Faktoren bei der Standortwahl. Neben der entscheidenden Register- und Vertragssicherheit bzw. kompetenten Rechtsprechung und internationalen Rechtssicherheit ist Schnelligkeit bei der Registereintragung wichtig.

Erfolgsfaktoren

Viele der global erfolgreichen Startup-Unternehmen haben sich unter anderem durch innovative Ansätze zur Problemlösung, durch Regionalisierung und Globalisierung, durch Skalierbarkeit (Steigerungsfähigkeit) ihrer Technik und ihrer Geschäftsmodelle, dank funktionierender Gründungsförderung und Unternehmensfinanzierung aus ihrem Umfeld sowie durch intelligentes (Entrepreneurial) Marketing innerhalb relativ kurzer Zeit die Position des Weltmarktführers in ihrem Bereich erarbeitet oder haben sogar einen vollkommen neuen Markt erschaffen. Auch Erfolgsmethoden (best practice) zur Unternehmensstrukturierung spielen bei vielen erfolgreichen Startups eine Rolle. Eine der wesentlichen Faktoren zur Gründung und zum Erfolg der neuen Unternehmen ist die Verbindung der Gründer und Mitarbeiter mit lokalen Forschungseinrichtungen, wie etwa die Beispiele der Stanford University mit dem Stanford Linear Accelerator Center im Silicon Valley, das International Centre for Theoretical Physics in Triest oder der Wissenschaftscluster WISTA in Berlin-Adlershof zeigen.

Entscheidend für den Erfolg von Startups insgesamt sei laut einer RKW-Studie von November 2015 ein „fruchtbares regionales Gründer-Ökosystem“ und gründerfreundliches Klima, welches durch das Zusammenspiel von Talenten, erfolgreichen Unternehmern, Finanzierungsmöglichkeiten, Bildungseinrichtungen, bürokratiearmer Politik und Verwaltung, potenziellen Kunden, leistungsfähiger Infrastruktur (vor allem digitaler) und Anbindung an den öffentlichen Verkehr, die Offenheit für Innovationen, Kreativität und eine hohe Lebensqualität entstehe. Dies sei mit guter Koordinierung auch außerhalb großer Städte möglich, etwa mit einem proaktiven, qualitätsvollen Regionalmanagement und durch die Vernetzung regionaler Gründer-Initiativen.

Einer stadtökonomischen Untersuchung Berlins von März 2014 zufolge sei im urbanen Umfeld eine hohe Einwohnerdichte und ein lebendiges Ausgeh- und Kulturleben für die Startup-Gründerszene wichtig, die Arbeit und Leben nah beieinander zusammenbringt. So prägt zum Beispiel Silicon Valley auch einen extremen Kult der Nähe – persönliche Anwesenheit ist Pflicht, virtuelle Kommunikation ist verpönt; wer wegfährt, verliert den Anschluss und wer dort ist, bekommt Kontakte. Büroviertel, Technologieparks und Gründerzentren auf der Grünen Wiese seien demzufolge höchst unattraktiv für die meisten Gründer, auch bei guter Verkehrsanbindung.  (Ende Zitat Wikipedia)

 

Nach einer Statistik des Deutschen Startup Monitors (DSM) waren Startups 2019 vorwiegend in folgenden Branchen aktiv:

-          Informations-/Kommunikationstechnologie: 30,2%

-          Ernährung/Nahrungsmittel/Konsumgüter: 10,6%

-          Medizin und Gesundheitswesen: 605%

-          Automobile, Logistik, Verkehr: 6,7%

 

Der Geschäftsführer der JadeBay GmbH Frank Schnieder führt zu dem Antrag aus:

„Erst einmal muss differenziert werden nach Gründungen im Handwerk, Dienstleistungen, Handel und echten Start-Ups mit der Notwendigkeit der von der Mehrheitsgruppe geforderten Struktur. Die Gründungen im niedrigschwelligen Bereich werden erfahrungsgemäß bei uns und wie überall gut unterstützt (Wifö, Kammern, Banken, Steuerberater und auch private Berater). Die Stadt Varel verfügt neben der eigenen Wifö über die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Varel e.V., die ebenfalls unterstützt.

Echte Start-Ups, also Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial, zu generieren ist – wenn überhaupt im ländlichen Bereich – stark abhängig von einem guten wissenschaftlichen Umfeld. Auch die Altersstruktur einer Region und eine geringe Bildungswanderung in Anbetracht akademisierter Arbeitsplatzstrukturen sind von Bedeutung; Rahmenbedingungen, die bei uns im Kreis nicht wirklich hilfreich sind. Die genannten UPSs der Mehrheitsgruppe sind keine wirkliche Hilfe, werden jedoch immer wieder genannt. Wenn das so wäre, wären viel mehr junge Leute hier bei uns.

Ein Beispiel dafür ist das Technologie- und Gründerzentrum Oldenburg als Nukleus für Investments und Finanzierungen. Das Business Angels Netzwerk Deutschland sitzt mit den Business Angels Weser-Ems/Bremen e.V. ebenfalls dort.

Die Start-Up-Box an der Jade Hochschule (lediglich einige Containerräume hinter der Hochschule) hat nie funktioniert, weil es viel zu wenig potenzielle Interessenten gab und gibt.

Staatliche Unterstützung für Start-Ups gibt es in ausreichendem Maße (z.B. https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/start-up-strategie-2065830). Auch die NBank hilft hier gerne.“

Herr Schnieder weist darauf hin, dass es möglich ist, innerhalb der Mittel für die Zukunftsregion Jade-Bay im Bereich der Regionalen Innovationsfähigkeit Beratungsstrukturen (mit einer möglichen Förderquote von 40%) aufzubauen. Das würde in das Zukunftskonzept passen. Dieser Ansatz wäre aber nicht auf Landkreis-, sondern auf der Ebene der JadeBay aufzubauen. Vorschlag ist, dass das Regionalmanagement der Zukunftsregion eine erste Projektskizze anfertigt.

Die Zahl der Existenzgründungen in Friesland lässt sich durchaus sehen. Die Anzahl der Beratungsgespräche bei der Wirtschaftsförderung Friesland ist beständig auf einem hohen Niveau. Bis zum 30.09.23 wurden 134 Beratungsgespräche, darunter 34 Beratungen für Existenzgründungen, geführt und damit die Zahlen des Jahres 2022 schon jetzt übertroffen. In 2023 sind bislang 27 Anträge für das Wirtschaftsförderprogramm ProFIL des Landkreises Friesland gestellt worden. Der Haushaltsansatz von 300.000 Euro wird vollständig benötigt werden. Die Gesamtinvestitionssumme aller Vorhaben liegt bei 1,6 Mio. Euro. Rechnerisch wurden insgesamt 61 neue Vollzeitarbeitsplätze in den Unternehmen geschaffen. Einen großen Anteil haben Existenzgründende durch Betriebsübernahmen. „Start-Ups“ sind bislang nicht darunter.

Der Geschäftsführer des Netzwerks startup.niedersachsen am Innovationszentrum Niedersachsen, Tobias Wedler, hat zu dem Antrag folgende Einschätzung abgegeben:

„Als niedersächsische Landesinitiative, die es sich zur Aufgabe macht, das Startup-Ökosystem in Niedersachsen zu unterstützen, befürworten wir die Zielsetzung des Antrags, Innovationen nach Friesland zu holen sowie Startups zu stärken und freuen uns über die Auseinandersetzung mit diesen Themen insbesondere in ländlichen Räumen.

Wir unterstützen das Vorhaben gerne, indem wir Impulse geben, die Strategie in die überregionale, niedersächsische Startup-Strategie einbinden und Friesland als Leuchtturm-Region für Startup-Förderung im ländlichen Raum positionieren.

In einem ersten Schritt empfehlen wir darüber hinaus die Durchführung eines Workshops bzw. Round Table als offene Diskussionsrunde mit allen beteiligten Akteur*innen sowie zwei bis vier Expert*innen (wir machen gerne Vorschläge und stellen Kontakt her)“.

Vorschläge für Expert*innen wurden bereits gemacht.

Die Verwaltung empfiehlt Folgendes:

Der Landkreis Friesland sollte sich dem Thema zunächst über einen Workshop (als offene Diskussionsrunde) mit potenziellen Akteur*innen und Expert*innen als Impulsgeber nähern. Weiteres ist danach zu beraten und zu entscheiden, auch unter dem Aspekt des Geld- und Personalbedarfs, z.B. ob der Landkreis Friesland allein eine Startup-Förderung aufbauen will oder zu diesem Zweck Kooperationen eingehen will. Daneben sollten die vorhandenen Angebote (der JadeBay, die vielfach nicht genügend bekannt sind; der Jade Startup Box; des Mittelstand-Digitalzentrums Bremen-Oldenburg) weiter und verstärkt beworben werden.


Beschlussvorschlag:

Durchführung eines Workshops als offene Diskussionsrunde mit allen beteiligten Akteur*innen sowie zwei bis vier Expert*innen


Finanzielle Auswirkungen:       Ja       Nein

Gesamtkosten der Maßnahmen (ohne Folgekosten)

Direkte jährliche

Folgekosten

 Finanzierung:

  Eigenanteil                objektbezogene Einnahmen

Sonstige einmalige oder jährliche laufende Haushaltsauswirkungen

€ XXXXX

€ XXXX

€ XXXX

€ XXXX

€ XXXX

Erfolgte Veranschlagung:    ja, mit             Nein

im   Ergebnishaushalt    Finanzhaushalt    Produkt- bzw. Investitionsobjekt: XXXX

Vorlage betrifft die demografische Entwicklung:    ja   nein

Falls ja, in welcher Art: XXXX

Vorlage hat negative Auswirkungen auf Klimaschutz:   ja   nein

Bei  ja: Nähere Erläuterung der Auswirkung in Begründung

Vorlage hat positive Auswirkungen auf Klimaschutz:   ja   nein

Bei  ja: Handlungsfeld:

Vorlage bezieht sich auf

XXX

MEZ  Nr. 3

Titel:  Standortqualitäten ausbauen und sichern

HSP  Nr.  3.12

Titel: Förderung der Wirtschaft und des Tourismus im Landkreis Friesland durch „Begleitung“ und eigene Förderprogramme

                                                

Gez. Buer                                  gez. R. Janßen

                                    

Sachbearbeiter/in                    Fachbereichsleiter/in

Sichtvermerke:

 

                                                             

Dezernent/in                     Kämmerei                         Landrat

Abstimmungsergebnis:

Fachausschuss

einstimmig 

Ja:

Nein:

Enth.:

Kts. gen.:  

abw.  Beschl.   

Kreisausschuss

einstimmig 

Ja:

Nein:

Enth.:

Kts. gen.:  

abw.  Beschl.   

Kreistag

einstimmig 

Ja:

Nein:

Enth.:

Kts. gen.:  

abw.  Beschl.   

 


Anlage(n):

-          Antrag der Gruppe SPD-GRÜNE-FDP vom 14.06.2023 „Startup-Strategie für Friesland – Innovationen in den Landkreis Friesland holen, Startups stärken“

-          Stellungnahme Herr Frank Schnieder, JadeBay GmbH

-          Mails vom Innovationszentrum Niedersachsen

-          Präsentation der Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth: Jade Startup Box