Darstellung des
Sachverhaltes:
In Deutschland werden in nahezu allen Berufsbereichen dringend Arbeits-
und Fachkräfte gesucht. Die Unternehmen stellen sich zunehmend auch auf
ausländische Bewerberinnen und Bewerber ein.
Die Bundesregierung hat in diesem Zusammenhang ihre Anstrengungen noch
einmal verstärkt, um Geflüchtete schnell und möglichst nachhaltig in den
Arbeitsmarkt zu integrieren. Durch den sogenannten „Job-Turbo“ soll die
schnellere Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten erreicht werden. Damit
verbunden ist ein Aufruf an die Unternehmen, Geflüchtete verstärkt auch
ohne gute Deutschkenntnisse zu beschäftigen und berufsbegleitend weiter zu
qualifizieren.
Das Jobcenter des Landkreises Friesland betreut aktuell 786
arbeitsuchende Geflüchtete. Die am stärksten
vertretenen Herkunftsländer sind - neben der Ukraine - Afghanistan, Irak, Iran
und Syrien. Dabei wurden zuletzt insbesondere die ukrainischen Geflüchteten von
Anfang im Hinblick auf die Arbeitsmarktintegration begleitet und unterstützt.
Anfänglich standen in einer ersten Ankommens- und Orientierungsphase die
Sicherstellung des Lebensunterhalts und der Erwerb der deutschen Sprache im
Vordergrund. Mittlerweile konnten viele von ihnen in Integrationskursen erste bzw.
erweiterte Kenntnisse der deutschen Sprache erwerben. 316 der ukrainischen
Geflüchteten haben bereits einen Integrationskurs absolviert. Nun soll die
Integration in Beschäftigung beschleunigt werden. Ziel ist es, Geflüchtete nach
Abschluss des Integrationskurses schnell und möglichst nachhaltig in den
Arbeitsmarkt zu integrieren. Insgesamt konnten durch Unterstützung des
Jobcenters in 2023 bereits 135 Integrationen in
Ausbildung und Arbeit von Personen mit Fluchthintergrund erreicht werden. 95
ukrainische Geflüchtete nahmen bisher eine Arbeit- oder Ausbildung auf.
Die Arbeitsoffensive für Geflüchtete soll diese Ergebnisse noch
verbessern. Das Jobcenter hat daher diverse eigene Aktionen und Maßnahmen
geplant und umgesetzt, welche nachfolgend näher beschrieben werden.
a) Einbindung und Information der Unternehmen
Das Gelingen der erfolgreichen
Arbeitsmarktintegration ist von der Bereitschaft der regionalen Unternehmen,
Geflüchteten eine nachhaltige Beschäftigungsperspektive zu bieten, abhängig.
Diesbezüglich stellt das Jobcenter Friesland ein umfangreiches Beratungsangebot
für Unternehmen zur Verfügung und möchte diese für die Einstellung von Personen
mit Fluchthintergrund sensibilisieren. Die Beratung der Unternehmen liegt in
Zuständigkeit des eigenen Arbeitgeberservice des Jobcenters. Über diesen werden
die regionalen Betriebe zu den aktuellen Beschäftigungsmöglichkeiten von
Geflüchteten beraten und informiert. Mittels eines Informations-Flyers
„Friesland startet Arbeitsoffensive für Geflüchtete“ soll das Beratungsangebot
für die Unternehmen beworben werden. Ziel ist es, Fragen in Zusammenhang mit
der Einstellung von Geflüchteten zu beantworten und Hürden abzubauen. Vakante
Arbeits- und Ausbildungsstellen sollen akquiriert und auf die Möglichkeit der
Beschäftigung von Geflüchteten geprüft werden. Bei der Feststellung von
Sprachbarrieren werden Unternehmen zu den aktuellen Möglichkeiten der
Sprachförderung in Unternehmen (Job-Berufssprachkurse) beraten. Auch zu
Anerkennungsverfahren von in Deutschland reglementierten Berufen kann der
Arbeitgeberservice des Jobcenters Friesland Beratung anbieten.
b) Verstärkung der persönlichen Ansprache der
Geflüchteten
Die persönliche
Beratung der Leistungsbeziehenden des Jobcenters Friesland ist ein wesentlicher
Erfolgsfaktor bei der Integration in Beschäftigung. Insbesondere
arbeitsmarktnahe Personen werden in einem zeitlich engen Turnus durch ihre
Integrationsfachkraft beraten. In der Regel sind die vom Jobcenter Friesland
betreuten Geflüchteten nach Abbau der Sprachbarrieren arbeitsmarktnah. Nach
Beendigung der Integrations- und Sprachkurse werden sie demzufolge regelmäßiger
als zuvor von der zuständigen Integrationsfachkraft zu einem persönlichen
Termin eingeladen, um die erforderlichen Integrationsschritte detailliert zu besprechen.
Im Fokus dieser
Beratungsgespräche steht die Sensibilisierung der geflüchteten Menschen über
die Chancen von Ausbildung, Beschäftigung und Qualifizierung sowie die in sie
gesetzten Erwartungen, beispielsweise Integration in Beschäftigung, Überwindung
der Hilfebedürftigkeit, Erreichbarkeit und gesetzliche Mitwirkungspflichten.
Der enge Kontakt, die Nachhaltung von abgestimmten Integrationsschritten sowie
die Unterbreitung von geeigneten Arbeitsplatzangeboten und weitergehenden
Unterstützungsmaßnahmen rücken das Erfordernis der zeitnahen Integration für
die Leistungsbeziehenden in den Fokus der Bemühungen.
In Bezug auf die
ukrainischen Geflüchteten wird das Erfordernis der zeitnahen
Arbeitsmarktintegration mittels eines gemeinsamen Informationsschreibens des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie der ukrainischen
Botschaft in Deutschland verstärkt. Inhaltlich wird auf die Vorteile einer
Arbeitsaufnahme hingewiesen, auch in Hinblick auf die spätere Verwendung der
erworbenen Kenntnisse im Heimatland. Dieses Schreiben wird den ukrainischen
Geflüchteten ausgehändigt und erläutert.
c) Dezentrale Jobmessen in den Städten und
Gemeinden
In Kooperation mit
den Städten und Gemeinden im Landkreis Friesland werden dezentrale Jobmessen
durchgeführt, um für die Potenziale von Geflüchteten bei der Besetzung freier
Stellen zu werben. Dabei werden durch den Arbeitgeberservice des Jobcenters
gezielt regionale Unternehmen unterschiedlicher Branchen beteiligt, die konkret
zur Beschäftigung von Geflüchteten bereit sind. Zu diesen Jobmessen werden
erwerbsfähige Geflüchtete eingeladen und durch eine persönliche Ansprache des
Jobcenters auf die Teilnahme vorbereitet. Start dieser Veranstaltungsreihe ist
am 15.05.2024 in den Räumlichkeiten der Gemeinde Sande.
d) Arbeitgeberveranstaltungen im Jobcenter oder
bei den Unternehmen
Das Jobcenter
führt monatlich gemeinsam mit interessierten Unternehmen
Informationsveranstaltungen für erwerbsfähige Geflüchtete durch. Im Rahmen
dieser Veranstaltungen erhalten die Unternehmen die Gelegenheit, sich vor einer
Gruppe von interessierten Bewerberinnen und Bewerbern zu präsentieren und ihre
Arbeitsangebote vorzustellen. In der Regel sind Sprachmittler aus dem
Beschäftigtenkreis des Unternehmens anwesend, was eine Verständigung
erleichtert. In der Vergangenheit konnten über diesen Weg bereits erste Erfolge
erzielt werden. Ein gutes Beispiel für dieses Format ist die im vergangenen
Frühjahr durchgeführte Informationsveranstaltung für pflegerische Berufe bei
den Friesland-Kliniken, zu der interessierte Geflüchtete mit Berufserfahrung im
Pflegebereich eingeladen wurden. Hierüber machte das Unternehmen auf seine
verschiedenen Beschäftigungsmöglichkeiten aufmerksam, aber auch Fragen zum
Anerkennungsverfahren der Berufe des Pflegebereiches konnten geklärt werden.
Regelmäßig werden
auch Veranstaltungen mit Personaldienstleistern durchgeführt, über deren freie
Stellen ein erster Schritt in den Arbeitsmarkt oftmals gelingt.
Personaldienstleister sind sehr an der Zusammenarbeit mit dem Personenkreis der
Geflüchteten interessiert und betreuen oftmals Arbeitgeberkunden, die diesem
Personenkreis sehr offen gegenüberstehen.
e) Stellenakquise des Arbeitgeberservice
Durch den
Arbeitgeberservice des Jobcenters werden bei den Unternehmen gezielt
Ausbildungs- und Arbeitsstellen für Geflüchtete akquiriert. Im Rahmen der
Akquise dieser Stellen spielt die Frage des Sprachniveaus eine wesentliche
Rolle. Im Bereich der Stellen mit geringerem Anforderungsniveau (Stellen für
Helfer/-innen) müssen die deutschen Sprachkenntnisse nicht ausgeprägt vorhanden
sein. Um ein Matching von Suchenden und Arbeitsstellen einfacher und
erfolgreicher zu gestalten, werden diese Stellen unter der Kennzeichnung „#welcome“ zusammengefasst und kenntlich
gemacht. Integrationsfachkräfte des Jobcenters Friesland können so direkt
erkennen, dass eine Vermittlung ohne ausgeprägte Sprachkenntnisse möglich ist.
Auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) nutzt diese Kennung bundesweit, so dass
bei der Suche in der digitalen Jobbörse ebenfalls nach diesen Angeboten
gefiltert werden kann.
f)
Besondere Maßnahmeangebote
·
Neben
der eigenen intensiven Beratungsarbeit nutzt das Jobcenter Friesland
weiterführende Projektangebote Dritter. Zugelassene Bildungsträger bieten
Maßnahmen an, die eine Integration in Arbeit oder Ausbildung zum Ziel haben.
Hierbei bedient sich das Jobcenter Friesland vorwiegend Angeboten, die ein
Einzel-Coaching vorhalten. Über dieses Coaching werden die Teilnehmenden eng im
Integrationsprozess von den Trägern begleitet. Auch die familiäre Situation
wird hierbei berücksichtigt. Das Coaching findet in der Regel aufsuchend statt.
Zur Unterstützung der Arbeitsoffensive für Geflüchtete wird dieses Angebot seit
April 2024 für diesen Personenkreis erweitert vorgehalten.
·
Das
Anerkennungsverfahren von reglementierten Berufen in Deutschland ist sehr
komplex. Entsprechend ist es erforderlich, zu diesem Verfahren zu beraten. Das
Jobcenter Friesland arbeitet an dieser Stelle eng mit der Willkommenslotsin der
Industrie- und Handelskammer (IHK) Oldenburg zusammen, die zu den
Erfordernissen der Anerkennung berät und Bedingungen sowie Antragserfordernisse
aufzeigt. Sie führt regelmäßig Beratungen im Jobcenter Friesland durch und wird
auch die regionalen Jobmessen begleiten und vor Ort sein.
·
Der
pflegerische Bereich ist bezogen auf die Berufsausübung ausschließlich
reglementiert. Geflüchtete, die im Herkunftsland im pflegerischen Bereich tätig
waren, müssen sich ihren erworbenen Berufsabschluss in Deutschland anerkennen
lassen. Dies bedeutet, dass ein Antrag auf Anerkennung zu stellen ist. Die
Anerkennungsstelle prüft dann, welche Bereiche der Berufsausbildung
nachqualifiziert werden müssen und bescheidet dies (Defizitbescheid). Über eine
Kooperation mit der Gesundheits- und Krankenpflegeschule am St. Johannes
Hospital in Varel (Friesland-Kliniken) sollen die festgestellten Defizite
nachqualifiziert werden. Nach Anerkennung stehen so Fachkräfte des
pflegerischen Bereiches dem friesischen Arbeitsmarkt zur Verfügung.
·
Neu
angeboten werden Job-Sprachkurse (Job-BSK) für Geflüchtete. Hierfür ist der
Job-Sprachkurs auf die konkrete Stelle im Unternehmen, in die der/die
Geflüchtete einmündet, zugeschnitten. So werden gezielt berufsbezogene
Sprachbarrieren abgebaut (Sprachförderung „on-the-job“). Die Meldung der
Bedarfe auf die konkrete angestrebte oder ausgeübte Tätigkeit erfolgt in kurzen
zeitlichen Abständen von drei Wochen an das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge (BAMF), um zeitnah Kursangebote schaffen zu können. Werden in der
Region keine Angebote für eine bestimmte Tätigkeit geschaffen, bündelt das BMAF
die Bedarfe, um diese über ein digitales Angebot zu decken.
g) Beteiligung der Jugendberufsagentur
Über die
Jugendberufsagentur Friesland findet eine Beratung und Betreuung der jungen
Geflüchteten in Hinblick auf die Integration in Ausbildung statt. Auch Projekte
Dritter werden diesbezüglich genutzt. Ein enger Kontakt zu den Schulen spielt
ebenso eine wichtige Rolle. Aus den Kreisen der Elternschaft von geflüchteten
Schülern kam der Wunsch auf, Informationen zum Schul- und Berufssystem in
Deutschland zu erhalten. Oftmals fehlen Kenntnisse zum Ausbildungssystem und
somit auch das Verständnis für das Absolvieren einer Ausbildung. Die
Jugendberufsagentur Friesland plant daher einen Elternabend mit Unterstützung
eines Dolmetscherdienstes.
h) Öffentlichkeitsarbeit
Über eine gezielte
Öffentlichkeitsarbeit zu dem Thema der Arbeitsoffensive für Geflüchtete und zu
den beschriebenen Aktionen und Maßnahmen sollen die Bürgerinnen und Bürger
sowie die Unternehmen sachliche Informationen über die Potenziale von
Geflüchteten bei der Besetzung freier Stellen erhalten und so dazu beitragen,
die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten zu fördern. Durch
Erfolgsgeschichten von Geflüchteten, die bereits in den Arbeitsmarkt integriert
sind, können zudem weitere Geflüchtete ermutigt und Arbeitgebern aufgezeigt
werden, dass Arbeitsintegration erfolgreich sein kann. Darüber hinaus werden
über die Öffentlichkeitsarbeit auch Informationen über das gesamte Dienstleistungsangebot
und weiterer Förderangebote für die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten
verbreitet (z.B. zu Sprachkursen, beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen,
finanzieller Unterstützung, usw.).
i)
Zusammenarbeit
mit anderen Fachbereichen / Behörden
Damit die zügige
Integration von Geflüchteten gelingt, findet eine enge Zusammenarbeit aller
beteiligten Bereiche innerhalb des Landkreises statt. Die Fachbereiche Ordnung
(zuständig für Ausländerangelegenheiten), Soziales und Senioren (zuständig für
die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz) sowie das Jobcenter
(zuständig für die Arbeitsmarktintegration) tauschen sich kontinuierlich z.B.
zu Änderungen im Zuwanderungs- und Aufenthaltsrecht oder Statusänderungen von
Geflüchteten aus.
Soweit möglich,
werden in Zusammenarbeit mit der zuständigen Agentur für Arbeit in die Aktionen
und Maßnahmen der Arbeitsoffensive auch Geflüchtete einbezogen, die derzeit
noch nicht vom Jobcenter betreut werden, aber bereits einen Zugang zum
Arbeitsmarkt haben.
Bezogen auf die
Bedarfe der Integrations- und Sprachkurse finden regelmäßig Austauschtreffen
mit den Regionalberater/-innen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
(BAMF) statt. Im Rahmen dieser Treffen, an denen auch die Sprachkursträger
teilnehmen, werden Angebote und Bedarfe abgestimmt und koordiniert. Der Turnus
der Treffen beträgt drei Monate.
Kenntnisnahme/Empfehlung:
Der vorgelegte Bericht zur Arbeitsoffensive für Geflüchtete wird zur Kenntnis genommen.