Begründung:
Das Nds. Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat bereits im März 2004 eine Studie zu Stand und Perspektiven der Küstenfischerei in Niedersachsen, die traditionell in Familienbetrieben mit jeweils 2 bis 3 an Bord der rund 140 Kutter arbeitenden Personen organisiert ist,erstellen lassen. Darin wird hinsichtlich der Zukunftsperspektiven der Küstenfischerei festgestellt, dass die größten Bedrohungen für die Küstenfischerei aus der konkurrierenden Meeresnutzung im Zusammenhang mit der weiterhin ungesicherten Rechtsposition der Fischerei erwachsen.
Als landespolitisches Entwicklungsziel ergibt sich aus der Studie, dass die Küsten-fischerei wettbewerbsfähig zu halten, in ihrer Existenz zu sichern und ihre Rechts-position mittel- bis langfristig auch EU-weit fesstzuscheiben ist.
Mit dem Satz „Wenn es den Fischern gut geht, geht es auch den Fischen gut,
und wenn es den Fischen gut geht, so geht es auch dem Meer gut“
bringt die
Schutzgemeinschaft die Ziele einer Reform der Europäischen
Fischereipolitik auf eine einfache Formel.
Im Gegensatz zu
einigen Umweltverbänden vertritt die SDN die Auffassung, dass
eine „nachhaltige Fischerei“ möglich ist und hält
ein Ausweichen auf Marikultur oder Fisch-zuchtbetriebe nicht für
den richtigen Weg, weil die Produktivität eines gesunden
Ökosystems kann durch Zucht im Grunde nicht getoppt werden kann.
Die SDN hält die Fischerei auf Grund der derzeit zu
hohen Entnahme von Biomasse für den größten Eingriff
in das System Nordsee, weil diese Entnahmen auf natürliche Weise
derzeit nicht ausgeglichen werden können. Die Fischereipolitik
muss sich daher daran ausrichten, einen Zielzustand für das
Ökosystem Nordsee zu beschreiben, über den hinaus nur der
„Zuwachs“ abgefischt werden darf. Die EU befindet sich
zwar auf dem Weg zu einem solchen Ziel, jedoch erscheint die
Geschwindigkeit, um dieses Ziel zu erreichen, als zu langsam und
teilweise nicht konsequent genug.
Die
Schutzgemeinschaft führt dazu aus:
In der EU bestehen erhebliche Fangüberkapazitäten. Die Überkapazitäten müssen abgebaut werden. Dabei haben die Kleinbetriebe die größte sozialökonomische Bedeutung, was das Verhältnis des eingesetzten Kapitals zu den Arbeitsplätzen betrifft. Sie verfügen jedoch über eine geringe oder oft zu geringe Kapitaldecke, um die notwendigen Investitionen tätigen zu können. Diese Familienbetriebe sollten zielgenau gefördert werden, da sicher davon auszugehen ist, dass sie, anders als die industrialisierte Küstenfischerei sich stärker an ökologischen Standards orientieren.
Ein Weg in die Zukunft könnte sein, auf nationaler Ebene durch Einführung fester, handel-barer Fangrechte (individual transferable quota oder catch-share-system, wie in Dänemark und in Belgien z. T. geschehen), die notwendige Erneuerung sowie den Abbau von Überkapazitäten der Küstenfischereiflotte einzuleiten. Dass heißt, innerhalb des deutschen Anteils von x % am Fang werden die Anteile in % an bestimmte Fischer verteilt, die dann ein Anrecht auf z. B. 100 t (x) Krabben oder andere Arten hätten. Wenn einem das zuviel ist, kann er Teile davon an einen anderen deutschen Fischer verkaufen, der dann auf der Grundlage x+zugekaufter %-Anteile entscheidet, ob eine neue Investition rentabel ist und getätigt werden kann. Er kann auch nur die ihm zustehende Menge von z. B. 100 t anlanden, d. h., der Fischer würde versuchen, einen besonders hochwertigen Fang zu erzielen, um die Bestände zu schonen, denn dass, was er in 2010 nicht fängt, stünde ihm in 2011 zur Verfügung.
Die hiesigen Fischer klagen oft über leistungsstarke große Kutter, die in sehr radikaler Weise dem Fischfang nachgehen.Deshalb sollten Schiffsgrößen festgelegt werden. So wäre z.B. die 300-PS-Regelung eine Möglichkeit, die Flotte zu strukturieren.
Untersuchungen haben gezeigt, dass der Rückwurf von Beifang sich außerordentlich negativ auswirkt, da die meisten Arten den Fang, die Sortierung und den Rückwurf nicht überleben. Beifang ist daher unbedingt der Quote zuzurechnen und ein Rückwurf zu verhindern. Dies zielt auch auf einen möglichst schonenden Fang mit schonenster Technik hin. Jedoch sollte nicht aller Beifang angelandet werden. Krabbenbeifang, Hai- und Rochenbeifang und junge Plattfische sollten zurückgeworfen werden dürfen, da sie eine hohe Überlebenschance besitzen. Edelfisch, Kabeljau, Schellfisch etc. sollten jedoch angelandet werden. Statt aufwendiger zusätzlicher Kontrollen (es wird gerade von deutscher Seite viel und gründlich kontrolliert) sind metierspezifische Korrekturfaktoren einzurechnen, d. h., ein Seezungennetz mit 80 mm hat notwendigerweise mehr Beifang als ein Schollennetz mit 120 mm. Daher sollte der Quotenanteil für „schlechte“ Netze einen entsprechenden Abschlag bekommen. Die Einhaltung der Netzmaße wird heute schon effektiv kontrolliert und Zuwiderhandlungen lassen sich drakonisch ahnden. Automatisierte Verfahren (Kamerasysteme) sind vielversprechend, aber auch teuer; sollten letztlich jedoch eingeführt werden.
Ein wichtiger Schritt wäre es, die Inspektionsergebnisse und den Inspektionsumfang international transparenter zu gestalten und zu vereinheitlichen, da es hier noch erhebliche nationale Unterschiede gibt. Auch sollten einheitliche Standards bei der Klassifizierung der Schiffe, bei der Messung der technischen Leistung, PS-Stärke etc. angelegt werden.
Eine regionalisierte Bewirtschaftung ist z. B. sinnvoll, wenn die Regional Advisory Councils (RACs) stärker eingebunden werden, um mehr Verantwortung auf die Fischerei zu übertragen. Dezentralisierung im Sinne nationaler Lösungen ist nicht empfehlenswert.
Aquakultur als Marikultur wird in der Regel so betrieben, dass Jungfische als Wildfänge (z.B. Thunfisch) oder aus eigener Zucht (z.B. Lachs) in geschützten Meeresgebieten bis zur Marktreife gehältert werden. Diese Form der Zucht bedingt immer eine Futterzufuhr von Außen über den natürlichen Anfall hinaus mit der Folge, dass Harn und Kot zu einer regionalen Konzentration und Belastung des Ökosystems werden. Gegebenenfalls wird die Belastung sogar noch durch Medikamentenzugabe verstärkt. Massentierhaltung an Land ist ohne ökologische Folgen schon schwer beherrschbar, in Hälteranlagen im Meer ist sie so gut wie nicht mehr beherrschbar. Als weiteres ökologisches und ethisches Problem erweist sich auch die Futtergewinnung durch Industriefischerei oft vor weit entfernten Meeresküsten. Andererseits bietet die Marikultur gerade im Bereich der Muschelzucht, die ohne zusätzliche Belastungen des Ökosystems auskommt, interessante Möglichkeiten, die, etwa in Kombination mit Meereswindfarmen, intensiver genutzt werden sollten.
Seitens der Verwaltung wird vorgeschlagen, die Positionen der „Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste“ und die darin enthaltenen Forderungen zu unterstützen und die norddeutschen Europaabgeordneten aufzufordern, sich diese zu eigen zu machen und die Interessen der kleinen Küstenfischerei in den Beratungen der Ausschüsse des Europaparlaments kraftvoll zu vertreten.
Daneben
darf man nicht außer Acht lassen, dass die Küstenfischerei
auch für den Tourismus eine außerordentlich große
Bedeutung hat. Es geht um den Erhalt der Sielhäfen, der
regionaltypischen Krabbenkutter, der Bedeutung des Krabben- und
Fischangebotes für den Tourismus und um den Erhalt der
Arbeitsplätze in der Fischerei.
Während die meisten
deutschen Krabbenkutter im Durchschnitt 30 Jahre alt sind, werden in
den Niederlanden und in Dänemark laufend neue Schiffe in Dienst
gestellt, die insbesondere auch vor unserer Küste fischen.
Die
deutschen Fischer haben leider nicht die Lobby wie die Fischindustrie
in den Nachbarländern, deshalb ist es für sie umso
wichtiger, dass die Europäische Union ihre Fischereipolitik
dahingehend ändert, dass die Kontrollverordnungen und
Schiffssicherheitsauflagen (Qualitätskontrollen,
Brandschutzanzüge, neue Kühlräume aus Edelstahl pp.),
für die erhebliche Investitionen, die sicherlich für die
hochseegängigen Fischereiflotten auch wichtig und notwendig
sind, nicht in allen Fällen auch der kleinen Küstenfischerei
auferlegt werden, wenn dafür keine Notwendigkeit besteht. Diese
zum Teil erheblichen Kosten können von den Krabbenfischern nicht
aufgebracht werden und würde diese zur Aufgabe zwingen.
Auch
das sind Gründe, um sich in verstärktem Maße für
die Interessen der kleinen Küstenfischerei zu verwenden.
Für
den Tourismus wäre es sicherlich nicht vorstellbar, dass in
Zukunft in unseren Küstenhäfen keine vom Krabbenfang
zurückkehrenden Krabbenkutter mehr einlaufen.
Diese Forderungen werden von der friesländischen Küstenfischerei unterstützt und stehen auch im Einklang mit den für das Weltnaturerbe festgelegten Standarts.
Beschlussvorschlag:
Der Landkreis Friesland fordert die Mitglieder des Europäischen Parlaments auf, die Fischereipolitik der EU entsprechend der Vorschläge der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) grundlegend zu reformieren und wirksame Maßnahmen gegen die Überfischung der Nordsee zu beschließen. Dazu gehört sowohl die Reduzierung der Überkapazitäten der Fischereiflotten als auch die gezielte Förderung der kleinen Küstenfischerei.